Handel: Rechtsstreit um die Darmbakterien

(c) Clemens Fabry
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Danone klagt die AMA, schließlich warb die mit dem Spruch, jedes Joghurt stärke die Abwehrkräfte. Danone-Chef Vavrik sieht sich als Opfer einer Kampagne. Die beanstandeten Spots werden derzeit ohnehin nicht ausgestrahlt.

WIEN. „Jedes Joghurt stärkt Ihre Abwehrkräfte.“ Dieser einfache Satz in einem AMA-Spot sorgt für einen handfesten Rechtsstreit in der Welt der Milchprodukte: „Das wendet sich ganz eindeutig gegen Actimel und könnte unserem Produkt schaden“, sagt Christoph Vavrik, der Geschäftsführer von Danone Österreich. Man erkenne klar, dass die AMA auf den Joghurtdrink anspielt, der seit Jahren intensiv als Stärker des Immunsystems beworben wird. „Das verstößt gegen das Wettbewerbsrecht“, sagt Vavrik, daher habe man „schweren Herzens“ auf Unterlassung geklagt.

Die beanstandeten Spots werden derzeit ohnehin nicht ausgestrahlt, auch die Print-Sujets mit derselben Botschaft liegen in der Schublade. Bei der AMA spricht man von einer „winzigen Kampagne“. „Die Klage beeindruckt uns nicht wahnsinnig, uns liegt nichts daran, Krieg zu führen“, sagt AMA-Sprecherin Hermine Hackl. „Wir wollten niemanden angreifen, nur feststellen, dass sämtliche Joghurtprodukte die Abwehrkräfte stärken.“

„Diese Aussage stimmt einfach nicht, das ist Irreführung“, sagt Vavrik. Bei der AMA hält man dagegen, dass eben diese Wirkung „Allgemeinwissen“ sei, „das jede Hausfrau bestätigen kann“. Beide Seiten berufen sich auf diverse Studien.

Lokal-Protektionismus?

Die Wirkung der Produkte auf die Darmflora dürfte aber nicht der Kern des Streits sein. „Es ist nicht das erste Mal, dass die AMA gezielt unsere Produkte attackiert“, sagt Vavrik. Schließlich gab es schon vor einigen Monaten ein Sujet der AMA, auf dem verschiedene Milchmix-Produkte abgebildet waren, einige davon mit einer kleinen rot-weiß-roten Fahne, andere mit einem Fragezeichen – unter anderem Actimel. Dazu der Text: „Wissen Sie, woher Ihr Milchmix-Produkt kommt?“

Actimel wird schließlich großteils aus Polen importiert, Activia kommt aus Ungarn, Tschechien oder Belgien in die heimischen Regale. „Wenn unsere Marken angegriffen werden, müssen wir reagieren“, so Vavrik. Obwohl er betont, dass man versucht habe, den Disput außergerichtlich zu lösen. Schließlich arbeite man mit der AMA auch zusammen.

„Diese Rufe zum Konsumpatriotismus sind nicht zielführend“, meint Vavrik. Immerhin verkaufen heimische Molkereien einen erheblichen Anteil ihrer Produkte (teils bis zu 40 Prozent) im Ausland. Herkunft und Regionalität seien, so Vavrik, nicht so wichtig: Die Konsumenten schauten eher auf das Preis-Leistungs-Verhältnis.

Im aktuellen Fall, so Hackl, spiele die Herkunft des Produkts ohnehin keine Rolle. Schließlich weise man nur darauf hin, dass andere Joghurts ebenso wirkten, nicht, dass es sich dabei um österreichische Joghurts handle. Eine Entscheidung des Handelsgerichts in dem Rechtsstreit wird vermutlich in den kommenden Wochen fallen.

Danone kämpft auch an anderer Front um seine Werbung: Schließlich verlangt die EU bei Werbeaussagen, die sich auf die Gesundheit beziehen, dass die Hersteller diese Wirkung nachweisen. Die Anträge, dass die proklamierte Wirkung auf Immunsystem (Actimel) und Verdauung (Activia) bestätigt werden, hat Danone nun zurückgezogen. „Weil nicht klar ist, welche Kriterien gelten“, so Vavrik. Ist das klar, werde man die Prüfung neuerlich beantragen.

Das Danone-Produkt Danacol, das den Cholesterinspiegel senken soll, hat die Prüfung der EU-Agentur für Lebensmittelsicherheit EFSA bestanden. Allerdings: Im Vorjahr wurden 40 Prozent der überprüften „Health Claims“ abgelehnt. Für Actimel und Activia wäre es ein herber Rückschlag, sollte das passieren.

Danone musste seine Spots 2009 schon in Großbritannien zurückziehen, weil darin behauptet wurde, Actimel fördere die Gesundheit von Kindern. Die britische Werbeaufsicht ASA argumentierte, das sei wissenschaftlich nicht erwiesen. In Frankreich verzichtet Danone darauf, die verdauungsfördernde und immunstärkende Wirkung anzupreisen. Auch in Deutschland wurde die Werbung für Actimel massiv kritisiert: Konsumenten kürten das Produkt bei einer Initiative der Organisation „Foodwatch“ zur „dreistesten Werbelüge des Jahres 2009“.

Die Umsätze, so Vavrik, seien trotzdem gewachsen. Allein Actimel und Activia haben 2009 für einen Umsatz von 3,7 Mrd. Euro im Konzern gesorgt, in Österreich haben die zwei Produkte die Hälfte des Danone-Umsatzes gebracht. Tendenz steigend. Activia ist hierzulande bereits das meistverkaufte Fruchtjoghurt.

AUF EINEN BLICK

Danone bewirbt Actimel seit Jahren massiv mit dem Slogan, der Joghurtdrink stärke die Abwehrkräfte. Die AMA wies schließlich in ihrem TV-Spot darauf hin, dass andere Joghurts das auch könnten, daher klagt Danone die AMA. Schließlich sei das nicht die erste gezielte Aktion der AMA gegen das französische Joghurt-Imperium, sagt Danone-Chef Christoph Vavrik.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2010)

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