Experte: „Die Banken haben nicht viel gelernt“

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Die Großbanken machen mit kurzfristigen Geschäften wieder Milliardengewinne. Das könnte die Steuerzahler teuer kommen, befürchtet Bankexperte Wolfgang Gerke.

„Die Presse“: Die Bank of America, Citigroup und die Schweizer UBS legen Quartalsgewinne in Milliardenhöhe vor. Damit sind jene Großbanken gemeint, die die Finanzkrise mitverursacht haben und mit Steuergeldern vor dem Bankrott gerettet werden mussten. Ist die Krise vorbei?

Wolfgang Gerke: Diese Quartalsergebnisse sind leider nur die Politur, dahinter klemmt der Rost. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass neben den Investmentbanken und Immobilienfonds auch ganze Länder schlecht gewirtschaftet haben.

Wie ist es möglich, dass die Banken so kurz nach der Finanzkrise schon wieder so hohe Gewinne schreiben?

Gerke: Die großen Geldhäuser können sich mehrfach auf Staatskosten sanieren. Die Staaten brauchen Unmengen an Geldern, um die Schulden aus der Krise abzudecken, mit denen sie auch die Banken retten mussten. Sie müssen daher Anleihen herausgeben. Für die Emissionen dieser Anleihen werden die geretteten Investmentbanken beauftragt, die daran prächtig verdienen können.


Sie haben gesagt, die Banken profitieren mehrfach?

Gerke: Und zwar auch von dem spottbilligen Geld, das die Notenbanken zur Verfügung stellen. Die Bankhäuser nahmen es mit Freude auf und steckten es teilweise in den Eigenhandel (mit Wertpapieren, Anm.). Es ist schließlich einfach, Geld um ein Prozent zu bekommen und es in Griechenland-Anleihen für acht Prozent anzulegen und zu sagen, der Steuerzahler wird es eh wieder richten.

Zweifeln Sie daran, dass die hohen Bankgewinne nachhaltig sind?

Gerke: Es ist zumindest bedenklich, dass diese kurzfristigen und riskanten Geschäfte milliardenhohe Gewinne einfahren. Und dass dieses schnell verdiente Geld gleich wieder in Form von Dividenden und Bonuszahlungen ausgeschüttet wird. Daran erkennt man, dass die Banken aus der Krise nicht viel gelernt haben. Sie sollten stattdessen Geld für die nächste Krise zurücklegen, damit nicht wieder die Steuerzahler für sie einspringen müssen. Es sind daher strengere Reglementierungen nötig, dass kurzfristige, riskante Geschäfte mit mehr Kapital unterlegt werden müssen.

Die Banker beteuern doch, dass sie nun die Erträge mit viel weniger Risiko erzielen?

Gerke: Dieser Illusion sind wir auch in der Vergangenheit aufgesessen. Fakt ist: Die US-Notenbank Fed hat schon einmal billiges Geld unter der Inflationsrate ausgeschüttet. Erst mit diesem billigen Geld konnten die US-Banken die exzessiven Verbriefungen (dabei werden Forderungen aus Krediten zu handelbaren Wertpapieren gebündelt, Anm.) machen, was zur Finanzkrise führte.

Gehen die Vorschläge für strengere Kapitalregeln (genannt Basel III) in die richtige Richtung?

Gerke: Ich hoffe, dass Basel III umgesetzt wird. Man darf sich aber keine Illusionen machen: Der Finanzwirtschaft fällt immer etwas ein, um Regulierungen zu umgehen. Es ist daher auch eine internationale Aufsichtsbehörde für die Banken notwendig.

Die Großbanken sind aber gegen internationale Aufsichten. Wenn etwa Goldman Sachs den US-Präsidenten erinnert, wer seinen Wahlkampf mitfinanzierte, erscheint die politische Umsetzung solcher Behörden unwahrscheinlich.

Gerke: Da bin ich Optimist. Nachdem was wir erleben mussten, kann die Zeit der nationalen Alleingänge nur vorbei sein. Es kann doch nicht sein, dass die deutsche Hypo Real Estate mit Geschäften in Irland oder die österreichische Hypo Alpe Adria in Kroatien fast bankrott gehen und die Aufsichtsbehörden merken nichts davon.

In Österreich müssen die Banken gemäß ihrer Bilanzsumme eine Abgabe leisten. Sind solche Belastungen für die Kreditinstitute sinnvoll?

Gerke: Solche Abgaben sind nicht schlecht, sofern man sie in einen Bankenvorsorgefonds für Krisenzeiten zurücklegt. Gibt man das Geld aber dem Finanzminister, ist es schnell wieder ausgegeben.

Die Notenbanken werden schon bald überschüssiges Geld aus den Märkten abziehen. Also jenes Geld, mit dem die Banken auch die Aktienkurse in die Höhe trieben. Steht eine Korrektur an den Börsen bevor?

Gerke: In den aktuellen Kursen sind die Erwartungen von hohen Unternehmensgewinnen für 2010 und ein niedriger Zins eingepreist – aber meiner Meinung nach zu hoch. Fundamental halte ich die Börse daher für überbewertet.

zur person

Wolfgang Gerke (66) ist Präsident des Bayerischen Finanzzentrums und Professor an der European Business School EBS.
Karriere. Er war unter anderem wissenschaftlicher Leiter der Frankfurt School of Finance & Management und gilt seit Jahren als einer der profiliertesten Bank- und Börsenexperten im deutschsprachigen Raum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2010)

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