Slowenischer Entsendebonus für Handwerker rechtswidrig?

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Slowenische Arbeitgeber müssen für entsendete Arbeitnehmer nicht vom vollen österreichischen Lohn Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Die Handwerkssparte fordert die Regierung zum Handeln auf.

Konjunkturell läuft es für die heimischen Gewerbe- und Handwerksbetriebe mit ihren 790.000 Mitarbeitern prima. Trotzdem drückt der Schuh gleich an zwei Stellen: Einerseits gibt es einen großen Facharbeitermangel von rund 26.000 Personen. Andererseits wird der slowenische Entsendebonus zunehmend zum Nachteil für heimische Anbieter. Dabei wird die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert.

Zwei Punkte der slowenischen Regelung führen laut der Handwerkssparte zu Nachteilen für heimische Anbieter führen. Slowenische Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer ins Ausland entsenden, müssen nicht vom vollen Lohn, der in Österreich gilt, Sozialversicherungsbeiträge zahlen (Durchschnittslohn am Bau 2.834 Euro brutto im Monat), sondern nur von einem viel niedrigeren fiktiven slowenischen Lohn (Durchschnittslohn am Bau 1.339 Euro brutto im Monat). Zudem gelte eine Rechtsvorschrift, die es erlaube, die Berechnungsgrundlage weiter zu reduzieren. "Die slowenischen Anbieter haben bei jeder Ausschreibung einen immensen Wettbewerbsvorteil", kritisierte Spartengeschäftsführer Reinhard Kainz.

Die Gewerkschaft Bau Holz hat laut der Wirtschaftskammer berechtigter Weise auf den Umstand hingewiesen, dass Slowenien doppelt so viele Bauarbeiter in Österreich und in die EU (99.307, davon 45.107 nach Österreich) entsendet, wie tatsächlich in Slowenien arbeiten (54.200) und damit ein Missbrauchsverdacht der Entsenderrichtlinie vorliegt. "Slowenische Arbeitgeber zahlen pro entsendetem Arbeiter durchschnittlich um 250 Euro weniger Sozialversicherungsabgaben", kritisierte Kainz.

Regierung soll Beschwerde einbringen

"Es handelt sich aus unserer Sicht um eine rechtswidrige Beihilfe", sagte Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster am Montag vor Journalisten in Wien. Etwa die Gewerkschaft Bau-Holz hat schon Beschwerde eingelegt. Selbst wolle man das aber nicht tun, denn eine Beschwerde der Bundesregierung habe mehr Gewicht und könne auch von der Übergangsregierung eingebracht werden, erläuterte Kainz auf Nachfrage.

Zudem ist das kleine Nachbarland für die meisten Entsendungen nach Österreich verantwortlich - mit steigender Tendenz. 2016 waren es 45.236, 2017 dann 54.200 und im Vorjahr 62.823. Das ist eine Steigerung um 39 Prozent in diesem Zeitraum. Aus der Slowakei gab es im Vergleich dazu im Jahr 2016 lediglich 12.252 Entsendungen, aus Ungarn 11.867. Aus Deutschland, hinter Slowenien Zweiter, waren es 30.196.

Scheichelbauer-Schuster hat auch eine gewisse kriminelle Energie hinter den Entsendungen vermutet und wartete mit einem Vergleich auf. So habe es am Bau in der Steiermark im Vorjahr bei einheimischen Firmen 787 Kontrollen mit 21 Verdachtsfällen gegeben, während ausländische Firmen 280 mal kontrolliert wurden und sich 228 Verdachtsfälle ergaben. "Da sieht man die Diskrepanz", sagte die Spartenobfrau. Es gibt Mutmaßungen, dass sich Firmen extra in Slowenien ansiedeln, um von dort aus Entsendungen zu tätigen und dabei dann zusätzlich nicht korrekt vorgehen sollen.

(APA)

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