"Sechzig Prozent des europäischen Bankensystems halten eine neue harte Krise aus, ohne große Kapitalmaßnahmen zu brauchen", sagt der Chef der Erste Bank Andreas Treichl.
Für Erste-Chef Andreas Treichl, dessen Bank selbst nach einem Schockszenario (Zwei Jahre Rezession, Kreditausfälle, Abschreibungen auf Staatsanleihen, und so weiter) mit acht Prozent verbliebenem Kernkapital auf der "sicheren Seite" läge, war der Stresstest für 91 europäische Großbanken "extrem positiv für Österreich und Europa". Über sechzig Prozent des europäischen Bankensystems hielten selbst unter harten Belastungen ohne große zusätzliche Kapitalmaßnahmen einer neuen harten Krise stand.
"Der Test hat gezeigt, dass die Kapitalisierung des europäischen Bankensystems wesentlich besser und stärker ist als angenommen", sagte Treichl am Freitagabend.
Kein Lercherl für Treichl
"So ein Lercherl war der Test auch nicht", fügte Treichl hinzu. Er wisse, dass es jetzt wieder sehr viel Kritik geben werde. Aber die Kriterien seien nicht zu leicht gewesen.
Überrascht war Treichl nicht mehr vom Ergebnis für seine Gruppe. "Wir haben schon eine Weile gewusst, wieviel Kapital wir nach der Belastungsprobe haben werden."
"Für uns erfreulich", so Treichl: "Wir hätten die Belastungsprobe auch ohne das staatliche PS-Kapital geschafft."
Die Sieger des europäischen Stresstests würden nicht von den großen prominenten Häusern angeführt, das seien auf den ersten Blick "ein paar Zerquetschte" - und unter den Großen an vorderen Stellen wie Royal Bank of Scotland stünden vor allem jene, die mit massivem Staatskapital rekapitalisiert werden mussten. Die seien natürlich weit oben. Eine Frage der Gerechtigkeit sei ein solcher Test nicht.
Treichl: "Ranglisten sind immer lustig"
Mit der Veröffentlichung hatte Treichl dennoch kein Problem. "Ranglisten sind immer lustig, vor allem für die Medien." Das einzige Problem sei, dass Retailbanken wie die Österreicher in einen Topf geworfen würden mit Banken, die primär im Investmentbanking tätig seien. Er hoffe, dass hier auch die Regulatoren einen Unterschied machten, wenn es an die Reform von "Basel II" und die Etablierung von "Basel III" (Eigenkapitalregime) gehe. Dass jene, die im klassischen Kundengeschäft mit Privaten (Kredite, Einlagen) tätig seien und die Wirtschaft finanzierten, auf Listen zur Kapitalstärke nicht weit oben rangierten, sollte den Regulierern zu denken geben, findet der Erste-Chef.
Die börsenotierte österreichische Erste Group hat in der Großsparkasse La Caixa (Barcelona) einen strategischen Zehn-Prozent-Aktionär aus Spanien. Dass etliche kleinere spanische Sparkassen im Stresstest jetzt durchgefallen sind, überrascht oder bekümmert Treichl aber nicht: "Die spanischen Sparkassen haben jetzt etwas vor, was wir schon haben". Dort entstehe ein Sparkassensystem, das in Österreich schon etabliert sei.
(APA)