Bawag: Ruth Elsner schreibt dem Bundespräsidenten

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Elsner(c) APA/HERBERT NEUBAUER (Herbert Neubauer)
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In einem Offenen Brief im Namen ihres Mannes Helmut Elsner bittet seine Frau den Bundespräsidenten, die "schiefe Optik" bei den Geschehnissen zu beseitigen.

Ruth Elsner, Ehefrau des Hauptangeklagten im Bawag-Prozess, Helmut Elsner, wendet sich vor den für Mittwoch und Donnerstag angesetzten Gerichtstagen beim Obersten Gerichtshof (OGH) mit der Entscheidung über das erstinstanzliche Urteil über ihren Mann direkt an den Bundespräsidenten. In einem Offenen Brief, der "im Namen meines Mannes" überreicht werde, wird Bundespräsident Heinz Fischer ersucht, die "schiefe Optik" des Bawag-Verfahrens zu beseitigen und die "notwendigen Schritte zu veranlassen".

Ruth Elsner hatte den über 100 Tage dauernden Prozess als Zuhörerin verfolgt und seitdem immer wieder scharfe Kritik an Bawag-Richterin Claudia Bandion-Ortner, heute Justizministerin, und Bawag-Staatsanwalt Georg Krakow, heute Bandion-Ortners Kabinettschef, geübt. Sie bezeichnet beide nun als "Profiteure" des Bawag-Prozesses und wirft dem Mitangeklagten Wolfgang Flöttl vor, ihren Mann und die Bawag hereingelegt zu haben und das Geld gar nicht durch Spekulationsgeschäfte verloren zu haben.

Im folgenden der Wortlaut des Briefes:

"Der Bawag Prozess war und ist in vielerlei Hinsicht rekordverdächtig. Über ein Jahr lang wurden angebliche Betrugs-, Bilanzfälschungs-und Untreuevorwürfe vor Gericht erörtert. Die angebliche Schadenssumme belief sich auf über eine Milliarde Euro. Und dann ist da noch die 4 Jahre andauernde und deshalb rekordverdächtige Untersuchungshaft, die über Helmut Elsner verhängt wurde. Vielleicht gab es einen Untersuchungshäftling der schon länger in Untersuchungshaft saß - aber solI das ein Maßstab in einem Rechtsstaat sein? Immerhin ist Helmut Elsner schwerkrank, unbescholten, 75-Jahre alt und wurde für Delikte angeklagt und verurteilt die bereits verjährt waren (Bilanzfälschung). Fluchtgefahr wurde einzig und allein bei ihm angenommen, obwohl er der einzige Beschuldigte ist, der versuchte und versucht den Verbleib der Bawag-Gelder aufzuklären. Oder vielleicht "sitzt" Helmut Elsner gerade deshalb?

Dieser Umstand ist nicht der einzige der mittlerweile bei vielen Kopfschütteln hervorruft. Einer der Beschuldigten - Wolfgang Flöttl - unbestritten der Verursacher des angeblichen Bawag Verluste - war gleichzeitig der Hauptzeuge gegen Elsner. Selbst die offensichtlichsten Ungereimtheiten in den Aussagen Flöttl's wurden übergangen, die da waren: Zweifelhafte Grundstücksübertragungen, Überweisungen in Millionenhöhe trotz angeblicher Mittellosigkeit und Computerabstürze, denen angeblich die relevanten Handelsdaten zum Opfer fielen.

Tatsächlich beweisen von Helmut Elsner in Auftrag gegebene Gutachten einen völlig anderen Sachverhalt. Das Geld wurde eben nicht verloren - und damit auch nicht durch riskante Spekulationsgeschäfte, die den Tatbestand der Untreue rechtfertigen sollten, verloren. Ein Investment in nicht-riskante Geschäfte ist nicht strafbar und absolut branchenüblich. So einfach ist auch der Vorwurf - wonach das Geld die Bank nie verlassen hätte dürfen - entkräftet.

Erstaunlich in der gesamten Angelegenheit war vor allem das Verhalten der damaligen Richterin Mag. Bandion-Ortner und des Staatsanwalts Mag. Krakow. Die Beiden wurden in einem Karriereschub in höchste Ämter gehievt und sind zumindest zum jetzigen Zeitpunkt die wirklichen Profiteure des Bawag-Prozesses. Ausdrücklich zu kritisieren ist auch die "Verbandelung" von Vertretern der Justiz mit sogenannten Staranwälten, sei es im Theatercafe oder anderswo. Es entsteht dadurch der Eindruck der Parteilichkeit und Befangenheit.

Die dadurch entstandene schiefe Optik ließe sich nur durch eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts und des Verbleibs der Bawag-Gelder wieder zurechtrücken. In der derzeitigen Konstellation im Bundesministerium für Justiz ist dies offensichtlich nicht möglich. Zu betonen ist auch, dass es Helmut Elsner gelungen ist den wahren Sachverhalt aufzuklären - von der zuständigen Staatsanwaltschaft hörte man dazu bisher nur dass man "sich nicht auskenne". Im Namen meines Mannes ersuche ich deshalb den Bundespräsidenten die "schiefe Optik" zu beseitigen und die notwendigen Schritte zu veranlassen."

(APA)

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