Elsner: „Bandion-Ortner beging Amtsmissbrauch“

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Elsner bdquoBandionOrtner beging Amtsmissbrauchldquo(c) Michaela Bruckberger
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Der letzte großer Auftritt von Helmut Elsner. Vor dem OGH rechnet er mit Justizministerin Bandion-Ortner ab. Eine Warnung eines Vorsitzenden, er möge sich „nicht zu weit hinauslehnen“, schlägt er aus.

Wien. Seit Helmut Elsner im Juli 2008, gleich nach der Urteilsverkündung, von der Justizwache zurück ins Gefängnis geführt wurde, hatte der „ewige“ U-Häftling keine Chance mehr auf einen öffentlichen Auftritt: Bis gestern, Mittwoch – als der frühere Generaldirektor der Bawag die Möglichkeit bekam, bei seiner Berufungsverhandlung im Obersten Gerichtshof ein „Schlusswort“ zu sprechen. Das tut er. Ausgiebig. Und angriffig wie in alten Zeiten. Elsner: „Ich kann nachweisen, dass Claudia Bandion-Ortner Amtsmissbrauch begangen hat.“

Sogar eine Warnung des Vorsitzenden des Fünfrichtersenats Rudolf Lässig, er möge sich wegen drohender rechtlicher Folgen „nicht zu weit hinauslehnen“, schlägt Elsner aus: „Ich kann nachweisen, dass Frau Bandion-Ortner lügt wie gedruckt. Sie lügt, wenn sie den Mund aufmacht.“ Diese schweren Anwürfe stützt der 75-Jährige etwa auf den Umstand, dass die Justizministerin in den Medien erklärt hat, es sei in Fragen der U-Haft nie um eine Kaution gegangen. Tatsächlich aber war in einem Antrag auf Enthaftung zu lesen, dass die Elsner-Verteidigung zwei Millionen Euro für eine Freilassung anbietet.

Den angeblichen Amtsmissbrauch sieht Elsner im Zusammenhang mit den Verwertungsmöglichkeiten eines auf den Bermudas liegenden Anwesens des Spekulanten Wolfgang Flöttl. Erörterungen zu dieser Immobilie, die nach den Spekulationsverlusten der Bawag (laut Ersturteil 1,7 Milliarden Euro) als Sicherheit dienen sollte, seien von der seinerzeitigen Richterin Claudia Bandion-Ortner „ausgeklammert“ worden. Diesbezüglich entlastende Unterlagen seien lange Zeit nicht zum Gerichtsakt gegeben worden. Mit diesem Papier nun triumphierend winkend sagt Elsner mit heiserer Stimme zum Senat: „Wenn das nicht Amtsmissbrauch ist, dann weiß ich nicht.“ Die Ministerin und ihr Kabinettschef Georg Krakow, der frühere Anklagevertreter im Bawag-Prozess, seien „zwei Kriminelle“. Flöttl sei „ein Verbrecher“. Dieser habe die Bawag „betrogen“. Schon über seine Anwälte hatte Elsner zuletzt ähnliche Angriffe lanciert, bisher ließen sich die Genannten aber nicht aus der Reserve locken.

Wie Elsner nun im größten Saal des Justizpalastes dasitzt, das linke Bein aus gesundheitlichen Gründen hochgelagert – dieses Bild weckt frappant Erinnerungen an den großen Bawag-Prozess im Grauen Haus. Neu ist die Garderobe des Ex-Bankers, der in erster Instanz neuneinhalb Jahre Haft bekommen hat: Mit Hausschuhen, langer Sporthose, hellblauem Pullover sowie einem grauen Sportoberteil mit blauen, roten und weißen Streifen bestreitet Elsner seinen letzten großen Auftritt. „Ich habe in der U-Haft 23 Kilo zugenommen. Mir passt nichts mehr.“ Er habe sich auch „nichts Neues“ beschaffen können. Deshalb die Sportbekleidung. „Das soll kein Ausdruck des Protests sein.“ Gleich zu Beginn erinnern Elsners Worte dann eher an eine Preisverleihung, denn an ein Schlusswort vor dem OGH. „Ich danke meiner Frau, die nichts unversucht lässt, meine Reputation wieder herzustellen.“ Die Angesprochene sitzt dabei ebenso im Zuschauerraum wie Elsners Tochter aus einer früheren Ehe.

Die verhängnisvollen Spekulationsgeschäfte der Bawag, so doziert Elsner, der stellenweise ergriffen wirkt und feuchte Augen zu bekommen scheint, seien nie auf Verluste ausgelegt gewesen. Flöttl sei verpflichtet gewesen, eigenes Kapital gleichsam als Puffer für etwaige Verluste zuzuschießen. „Hätte er sich an die Verträge gehalten, hätten die Verluste gar nicht eintreten können.“ Und, so Elsner auf jene Worte eingehend, die einst Staatsanwalt Krakow gebrauchte: „Wir waren nie im Casino, möglicherweise war Flöttl im Casino.“

Der Angesprochene ist selbst nicht im Saal anwesend. Aus einem einfachen Grund: In seinem Fall möchte die Generalprokuratur nämlich die gänzliche Aufhebung des Schuldspruches (zweieinhalb Jahre teilbedingte Haft). Und darüber – und auch über das Schicksal von fünf weiteren der insgesamt neun „Bawag-Verurteilten“ – entscheidet der OGH nicht öffentlich, sondern in einer internen Sitzung. Bei Elsner und auch bei dessen einstigem Nachfolger an der Spitze der Bank, Johann Zwettler (fünf Jahre Haft in erster Instanz) sowie bei dem früheren Bawag-Generalsekretär Peter Nakowitz (vier Jahre) will die Prokuratur nur eine teilweise Aufhebung der Schuldsprüche. Daher ist dieses Trio nun gleichsam „live“ im Gerichtssaal zu sehen.

Generalanwalt Alexander Bauer meint, Elsner habe sich bei den Spekulationen „billigend mit dem Schadenseintritt abgefunden“. Die Untreue-Schuldsprüche seien großteils zu halten. Die Verurteilung wegen Betruges (erschlichene Pensionsabfindung) sei aber aufzuheben. Die Verteidigung will die Aufhebung aller Schuldsprüche. Die Entscheidung fällt heute, Donnerstag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2010)

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