"Als wäre Madoff frei und die Investoren in Haft"

Former BAWAG P.S.K. CEO Elsner is supported by his wife Ruth before the announcement of his verdict a
Former BAWAG P.S.K. CEO Elsner is supported by his wife Ruth before the announcement of his verdict a(c) Reuters (Lisi Niesner)
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Die Anwälte von Helmut Elsner wollen einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen. "Mein Mann ist kämpferisch", sagt Ruth Elsner.

Die Anwälte von Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner, der heute vom Obersten Gerichtshof (OGH) zu insgesamt zehn Jahren Haft verurteilt worden ist, haben nach der Urteilsverkündung Anträge zur Wiederaufnahme des Verfahrens und auf Enthaftung wegen Haftunfähigkeit ihres 75-jährigen Mandanten angekündigt. Beide Anträge würden aber nicht mehr heuer eingebracht, sagten sie den Journalisten.

Elsner-Anwalt Andreas Stranzinger verglich die Lage mit dem Betrugsskandal um den in den USA verurteilten Bernard Madoff: "Das heutige Ergebnis ist so zu werten, als wäre Madoff auf freiem Fuß und die Investoren in Haft."

"Signal für alle Generaldirektoren"

Die Anwälte wollen nun einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen, kündigte Elsner-Anwalt Jürgen Stephan Mertens an. Er zeigte sich empört, dass obwohl bei Elsner keine Bereicherung stattgefunden habe - das Urteil wegen Betrugs wurde heute aufgehoben - offenbar alleine für den Verlust die Höchststrafe wegen Untreue verhängt werde. Das sei ein "Signal an alle österreichischen Generaldirektoren", dass sie nun alleine für Verluste eingesperrt werden könnten, egal ob sie sich selber bereicherten oder nicht, meinte Mertens ironisch.

Nun werde man Haftunfähigkeit für den rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilten Elsner beantragen, kündigte Elsners Anwalt Karl Bernhauser an. Alle Anträge, Elsner aus der fast vierjährigen U-Haft zu entlassen, wurden bisher von den Gerichten unter Verweis auf Fluchtgefahr abgelehnt.

"Mein Mann ist kämpferisch"

Elsner selber verließ unter großem Blitzlichtgewitter nach einem kurzen Aufenthalt mit seinen Anwälten und seiner Frau in einem Nebenzimmer das Gericht. "Kein Kommentar", rief ein Justizwachebeamter auf Fragen von Journalisten. Elsner selber wirkte ebenfalls gefasst. Er wandte sich kurz an seinen Anwalt Karl Bernhauser, er habe noch eine Frage. Beim Gehen sagte Elsner "auf Wiedersehen".

Seine Ehefrau Ruth Elsner zeigte sich gefasst: "Mein Mann ist kämpferisch." Er wisse, dass heute ein großes Unrecht geschehen sei. Nun werde man sich weiters um die Aufklärung in den USA kümmern. Mit Hilfe von Sachverständigen und Anwälten solle geklärt werden, wohin die Bawag-Gelder wirklich geflossen seien. Bezüglich des Spekulanten Wolfgang Flöttl, dessen Urteil erster Instanz heute zur Gänze aufgehoben und zur Neuverhandlung ans Erstgericht verwiesen worden war, zeigte sich Ruth Elsner skeptisch: Sie glaube nicht, dass Flöttl noch einmal vor einem österreichischen Gericht stehen werde.

Flöttl nicht in Österreich

Nach Angaben seines Anwalts Herbert Eichenseder befindet sich Flöttl nicht in Österreich, wo genau sein Mandant sei, wisse er nicht. Eichenseder sagte, es sei nicht sicher, ob Flöttl wirklich erneut vor Gericht gestellt werde. Falls dies aber so sei, dann rechne er mit einem Freispruch. Flöttl war in erster Instanz zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, davon sechs Monate unbedingt. Diese Verurteilung wegen Beteiligung an Untreue wurde heute zur Gänze aufgehoben.

(APA)

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Kommentare

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