Bawag: „Andere Strafe als Höchststrafe ist nicht denkbar“

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bdquoAndere Strafe Hoechststrafe nicht(c) Dapd (Ronald Zak)
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Helmut Elsners Hoffnungen, Weihnachten in Freiheit verbringen zu können, wurden jäh zerschlagen: Der OGH verhängte wegen Untreue – Schaden 1,2 Milliarden Euro – die Maximalstrafe: zehn Jahre Gefängnis.

Auch der Hilfe suchende Blick zu seinen Anwälten konnte Helmut Elsner nicht vor dem Schlimmsten bewahren: Der aus fünf Richtern bestehende Senat des Obersten Gerichtshofs (OGH) verkündete Donnerstagvormittag, dass es für den 75-Jährigen nur eine Strafe geben könne: die Höchststrafe. Zehn Jahre Haft.

Bei Bemessung der Strafe musste der OGH auf eine vorliegende rechtskräftige Verurteilung wegen des „geschenkten“ Bawag-Kredits an Hermann Gerharter Bedacht nehmen. Elsner hat ja deshalb – wegen Untreue – zweieinhalb Jahre Haft bekommen. Diese Strafe hat der frühere Bawag-Generaldirektor in seiner fast vierjährigen U-Haft auch schon abgesessen. Um nun im Hauptverfahren um die Karibik-Spekulationsgeschäfte der Bawag unter dem Strich auf die vom OGH gewünschte Höchststrafe zu kommen, war eine sogenannte Zusatzstrafe nötig. Diese wurde vom Senat mit exakt siebeneinhalb Jahren festgesetzt. Macht insgesamt die für das Delikt Untreue mögliche Höchststrafe – eben zehn Jahre Freiheitsstrafe.

„Geldflüsse wurden verschleiert“

Entsetzen und Enttäuschung waren vor allem Ruth Elsner, der Ehefrau des Verurteilten, anzusehen, als der Senatsvorsitzende Rudolf Lässig in klarer und souveräner Rede erklärte, warum das Gericht zu diesem Urteil gekommen war. „Eine andere Strafe als die Höchststrafe war überhaupt nicht denkbar“, sprach Lässig. Denn: „Die Strafhöhe bemisst sich nach der Höhe des Schadens.“ Schon ab einem Untreue-Schaden von 50.000Euro könnten zehn Jahre Haft verhängt werden. Bei Elsner wurde dieser Betrag mindestens „um das 20.000-Fache“ überschritten. Er hat laut OGH 1,2 Milliarden Euro Schaden verursacht.

Elsners Angaben, wonach er doch nur jene Spekulationsgeschäfte veranlasst habe, die praktisch jede Bank mache, ließ der Senat nicht gelten. Natürlich seien Spekulationsgeschäfte nicht strafbar, der Vorwurf an Elsner habe aber gelautet, dass diese Geschäfte „in unzulässigem Umfang“ gemacht wurden. Bankinterne Kontrollen seien „umgangen“ worden. Elsner habe den Aufsichtsrat im Unklaren gelassen und „komplizierte Konstruktionen“ aufgebaut, „um zu verschleiern, dass riesige Summen fließen“.

Sofort nach der Begründung des nun in diesen Teilen rechtskräftigen Urteils wurde Helmut Elsner von der Justizwache abgeführt. Einer seiner vier Anwälte, Karl Bernhauser, kündigte bereits einen Antrag auf Entlassung aus dem Gefängnis wegen Haftunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen an. Dies war bisher nicht möglich, da Elsner durchgehend in U-Haft (und nicht in Strafhaft) saß, und Vollzugsuntauglichkeit bei einem U-Häftling nicht geltend gemacht werden kann.

Ruth Elsner fasste sich nach Momenten des Schreckens wieder und ließ das Großaufgebot an Journalisten wissen: „Mein Mann ist kämpferisch.“ Nun wolle sie mithilfe von Anwälten und Sachverständigen klären, wohin die verlorenen Bawag-Gelder geflossen seien. Insofern kündigte die Verteidigung auch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens an.

Fünf Jahre Haft für Zwettler

Ebenfalls wegen Untreue wurde der seinerzeitige Nachfolger von Helmut Elsner an der Bawag-Spitze, Johann Zwettler, verurteilt. In seinem Fall wurde die erstinstanzliche Strafe von fünf Jahren Haft bestätigt. Da bei ihm der Staatsanwalt nicht berufen hatte, konnte der OGH auch keine höhere Strafe verhängen. Und nicht nur dabei hatte Zwettler Glück. Der Richter: „Ihr Glück war auch, dass Sie in der ersten Instanz neben Elsner gesessen sind. In jedem anderen Fall hätten Sie hundertprozentig die doppelte Strafe (also auch die Höchststrafe, Anm.) bekommen.“ Auch der von Zwettler verursachte Untreue-Schaden, etwa 600 Millionen Euro, sei noch „um das 12.000-Fache“ mehr als jener Betrag (50.000 Euro), für den man die Maximalstrafe bekommen kann.

Beim ehemaligen Bawag-Generalsekretär Peter Nakowitz wurde ebenfalls ein verhältnismäßig geringer Teil des Untreue-Schuldspruchs bestätigt. Eine Strafe wurde aber nicht verhängt. Dies muss nun das Straflandesgericht Wien nachholen. Bei sechs weiteren Verurteilten wurden die Sprüche aufgehoben und an das Erstgericht zurückverwiesen (siehe unten).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2010)

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