Aufarbeitung: Telekom sucht einen Korruptionsjäger

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Die Telekom Austria (TA) stockt ihre Taskforce jetzt mit einem international renommierten Experten auf, um die gesamte Geschäftsgebarung unter die Lupe zu nehmen. Das Vorbild ist der deutsche Siemens-Konzern.

Wien. Die Affäre um millionenschwere Geldflüsse zwischen der Telekom Austria, einigen ihrer ehemaligen Manager, Berater und Lobbyisten sowie Politikern hat der Republik nicht nur zu einem feinen Sommerthema verholfen und einigen Betroffenen die Urlaubsruhe geraubt. Es erschüttert das ganze Land zutiefst – auch, weil sich Ankündigungen diverser Regierungen, den aus Korruption und Freunderlwirtschaft bestehenden Filz, der sich in manchen Bereichen zur undurchdringlichen Betonschicht entwickelt hat, aufzubrechen, als Lippenbekenntnis erwiesen haben. Die Telekom-Führung mit Hannes Ametsreiter und Aufsichtsratschef Markus Beyrer prescht nun vor: Sie sucht einen internationalen Korruptionsjäger.

Beyrer wird in der für Freitag angesetzten außerordentlichen Aufsichtsratssitzung den Antrag stellen, die bestehende Taskforce der Telekom (TA) durch international renommierte Kapazunder aufzustocken. Dabei nimmt sich der Konzern die deutsche Firma Siemens zum Vorbild.

Der Elektronikriese versank 2006 in der größten Korruptionsaffäre der Geschichte Deutschlands. Mit 1,3 Mrd. Euro bestachen Siemensianer über Jahre Einkäufer, Beamte und Politiker, um an Aufträge heranzukommen. Die damals amtierende Führung musste gehen. Der neue Siemens-Boss, der Österreicher Peter Löscher, machte die Aufklärung zur Chefsache und holte mit dem Amerikaner Peter Solmssen einen ausgewiesenen Experten. Lange wurde bei Siemens vom „hauseigenen FBI“ gesprochen. Letztlich zahlte Siemens für Aufklärung, Strafen und Prävention 2,5 Milliarden Euro.

„Wir haben das Modell Siemens mehrfach besprochen“, bestätigt Telekom-Sprecherin Elisabeth Mattes der „Presse“. Wie die Eingreiftruppe aussehen wird, und ob ein Experte in den Vorstand kommt – wie Solmssen bei Siemens –, wird Beyrer entscheiden.

Offen ist, wie viel die Telekom in die Aufarbeitung der Malversationen wird investieren müssen. Millionen werden es sicher, schätzen Beobachter. Denn es geht nicht nur um nicht nachvollziehbare Aufträge von neun Millionen Euro, die der PR-Mann Peter Hochegger mit den TA-Managern Rudolf Fischer und Gernot Schieszler zwischen 2004 und 2008 abgewickelt hat. Es geht auch um die Kursmanipulation, die Telekom-Manager in den Genuss fetter Boni brachte. In beiden Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Für alle Beschuldigten – neben Hochegger, Fischer und Schieszler sind das die ehemaligen Telekom-Vorstände Heinz Sundt und Stefano Colombo, der TA-Mitarbeiter Josef Trimmel und der Banker Johann Wanovits – gilt die Unschuldsvermutung.

Noch mehr Beschuldigte?

Deren Kreis dürfte sich ausweiten. Beyrer und Ametsreiter setzen die Korruptionsjäger auch auf alle Zukäufe des Konzerns an, vor allem jene im Ausland. Das betrifft vor allem die Akquisition der Handyfirmen MobilTel in Bulgarien und Velcom in Weißrussland. In beiden Märkten fungierte der Investor Martin Schlaff als Türöffner. Von ihm und seinen Geschäftspartnern kaufte die Telekom die Firmen.

Bei der MobilTel sorgte der Kaufpreis für Aufsehen. Nachdem die Telekom ein Angebot über eine Milliarde Euro abgelehnt hatte, schlug sie später bei 1,6 Milliarden Euro zu. Die Staatsanwaltschaft Wien startete daraufhin Ermittlungen, stellte sie jedoch ein. Man habe ihr plausible Erklärungen für den höheren Kaufpreis geboten, hieß es auf „Presse“-Anfrage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2011)

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