Fotografengewerbe: Wo Profis nur pfuschen dürfen

(c) GEPA pictures/ Harald Steiner
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Wer in Österreich Fotograf sein will, braucht eine Meisterprüfung. Das soll sich ändern. In Österreich gibt es rund 1500 Fotografen und etwa noch einmal so viele Pressefotografen.

Wien. Mark Glassner kann es nicht fassen. Der Österreicher ist ein im In- und Ausland gefragter Fotograf: In Österreich kennt man seine Arbeiten für die Unterwäschekette Palmers. Die Plakate zeigen ein paar Frauen, kaum bekleidet, die Beine in transparente Strümpfe gehüllt. Glassner unterrichtet sogar an der Universität für angewandte Kunst. Aber laut der österreichischen Gewerbeordnung hat er hierzulande bisher illegal gearbeitet. Die Meisterprüfung hat er nämlich nie abgelegt. Und die ist es, was einen in Österreich zum „Berufsfotografen“ macht.

Während jeder Pressefotograf werden kann, ist „Berufsfotograf“ ein reglementiertes Gewerbe, für das man einen Befähigungsnachweis braucht. Ein hauptberuflicher Pressefotograf darf also in seiner Freizeit keine Hochzeits- oder Passfotos machen. Es sei denn, er hat die Genehmigung dafür. Oder, wie es ein Fotograf der „Presse“ formuliert: „Wir dürfen Hochzeiten fotografieren, aber wir dürfen kein Geld dafür nehmen.“ In Österreich gibt es rund 1500 Fotografen und etwa noch einmal so viele Pressefotografen.

Geht es nach Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP), soll sich das bald ändern. Das Ministerium hat eine Novelle der Gewerbeordnung in Begutachtung geschickt, mit der das Fotografengewerbe liberalisiert werden soll. „Die Reglementierung kann sachlich nicht mehr gerechtfertigt werden“, begründet man diesen Schritt im Ministerium. Wegen der digitalen Fotografie sei es heute etwa nicht mehr nötig, spezielle Kenntnisse für die Ausarbeitung der Fotos zu haben. „Es gibt kein anderes Gewerbe, in dem sich die Arbeitsweise in den letzten Jahren so fundamental verändert hat.“ Insidern zufolge stehen die Chancen gut, dass die Novelle umgesetzt wird.

Branchenvertreter strikt dagegen

Österreich ist eines der letzten EU-Länder, die das Fotografengewerbe reglementieren. Deutschland hat es längst freigegeben. Ein deutscher Fotograf darf also auch ohne Ausbildung in Österreich arbeiten. Der österreichische Kollege ohne Zulassung hat auf seinem Heimatmarkt das Nachsehen – der Gewerbeordnung sei Dank.

Geht es nach der Innung der Berufsfotografen, soll sich das nicht ändern. Sie läuft Sturm gegen die Novelle. Die Branchenvertreter fürchten die Hobbyknipser, die den Hauptberuflern die „Wochenendzuckerln“ wegschnappen, weil sie auf das Geld nicht angewiesen sind, sagt Bundesinnungsmeister Ernst Strauss. Außerdem, fürchtet er, würde dann niemand mehr Fotografenlehrlinge einstellen. Wer das Metier nachweislich beherrsche, bekomme außerdem den Gewerbeschein auch so. „Es geht nicht, dass dieser Beruf so hingestellt wird, als bräuchte man dafür nichts zu lernen. Natürlich gibt es Autodidakten, die sehr gut sind. Aber das ist nicht die Regel.“

Das sehen viele anders. Zum Beispiel jene 56 Fotografen, die mit einer Petition um Unterstützer für die Novelle werben. „Wir sehen nicht ein, dass das Magistrat entscheidet, ob ich ein Foto machen darf oder nicht. Niemand kann die Qualität besser beurteilen als der Markt“, sagt der Pressefotograf Jürg Christandl, ein Mitstreiter erster Stunde. Unter den Fotografen, sagt Christandl, würden sich ohnehin jene durchsetzen, die gut sind. Ob sie eine Lehre haben oder nicht.

Der Fotograf Mark Glassner denkt unterdessen schon über einen Umzug nach: „Ich werde auch weiterhin arbeiten. Im schlimmsten Fall muss ich Österreich verlassen.“ Innungsmeister Strauss würde das wahrscheinlich nicht einmal auffallen. Er hat den Namen nämlich noch nie gehört.

Auf einen Blick

In Österreich gibt es etwa 1500 Fotografen – und noch einmal so viele Pressefotografen. Der Unterschied: Pressefotograf darf jeder werden, der Berufsfotograf muss eine Meisterprüfung gemacht haben oder braucht einen behördlichen Nachweis, dass er das Metier beherrscht. Das Wirtschaftsministerium will diese Regulierung aufheben. Die Fotografeninnung läuft dagegen Sturm: Sie fürchtet die Konkurrenz und das Ende der Lehre für Fotografen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2012)

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