Bawag-Prozess: Tonband enthüllt letzte Anweisungen

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Elsner wollte nach dem Milliardenverlust in erster Linie den Aufsichtsrat „beruhigen“.

WIEN. Auch Tag 19 ist für einen Knalleffekt gut. Flöttls Anwalt Herbert Eichenseder zaubert ein erstes echtes Ass aus dem Ärmel. Ein geheimes Tonband. Darauf ist ein Telefonat vom 14. Dezember 2000 aufgezeichnet: Flöttl ruft Elsner an, um zu beraten, wie nun mit dem Milliardenverlust umzugehen sei. Und siehe da: Laut Tonband ist Elsner keineswegs sehr bestürzt oder zornig über die verlorenen Investments; er ist dem glücklosen Investmentbanker auch nicht böse. Vielmehr geht es ihm darum, den Bawag-Aufsichtsratspräsidenten Günter Weninger zu "beruhigen".


Minuten bevor im Gerichtssaal das Tonband abgespielt wird, welches die Flöttl-Verteidigung ganz bewusst bis zuletzt unter Verschluss hält, geht Elsner auf jene bangen Momente ein, in denen er von seinem damaligen Investor Flöttl über die neuerlichen Verluste informiert wird. Insgesamt waren es 1,4 Milliarden Euro.
"Ich war entsetzt. Das war ein Gefühl, das kann ich nicht beschreiben. Hier zu sitzen ist angenehm dagegen." Außerdem sei er äußerst verärgert über Flöttls Fehleinschätzungen gewesen.

"Sehr böse klingen Sie am Telefon aber nicht", sagt Richterin Claudia Bandion-Ortner. Und: "Das klingt gar nicht so, als ob Sie das große Betrugsopfer gewesen wären."


Es ist ein wenig aufgeregtes Gespräch, welches die beiden Du-Freunde damals am Telefon führen. Man verabredet sich zu einem Abendessen in Elsners Wiener Penthouse. "Die Ruth (Elsners Frau, Anm.) wird kochen", hört man Elsner sagen. Flöttl solle ein "Geständnis" unterschreiben, schlägt der Bawag-General vor.


Würde Flöttl die Verluste in dieser - schriftlichen - Form, ganz allein auf sich nehmen, so hätte er, Elsner, eine Art Beruhigungspille für Bawag-Aufsichtsrats-Präsident Weninger. Elsner laut Tonband: "Ich muss vor allem den Weninger beruhigen." Eine weitere Sorge Elsners, so hört man: "Die wollen die Bilanz nicht unterschreiben."

Kein Wunder: Wie verdaut eine Bank, dass nach Jahren verlustreichen Spekulierens auch die letzte Tranche an Spekulationsgeldern, 430 Mio. Euro, bis auf 13,6 Mio. in der Karibik versenkt wird. Apropos Verdauen. Elsner beruhigt damals offenbar an zwei Fronten - er kündigt seinem Spekulanten Flöttl in kalmierendem Tonfall an: "Wir essen dann und besprechen alles genau durch."

Das "Geständnis", welches Flöttl unterschreiben sollte, werde dann in einem versiegelten Kuvert einem Anwalt übergeben. Die Öffentlichkeit werde nichts erfahren. Elsner, laut Band: "Du wirst schon sehen, das ist auch so formuliert, dass du mit dem wirklich keine Sorgen haben musst." Nach Abspielen dieses Telefon-Protokolls kündigt Elsner dem Gericht sozusagen einen Gegenschlag an: "Wir werden auch noch mit einem Tonband aufwarten."


Indessen donnert Rudolf Breuer, Anwalt des früheren Elsner-Sekretärs und Bawag-Ex-Vorstandes Peter Nakowitz, in Richtung Flöttl: "Warum haben Sie das Band nicht vorher vorgelegt." - Verschmitzter Konter von Flöttl-Advokat Eichenseder: "Damit man's nicht vorher weiß. Ganz einfach."

Noch etwas wird durch das Tonband klar - die Richterin zur Anmerkung Elsners, dass er ohnedies nie etwas anderes behauptet habe: "Doch, wir wissen nun, das ,Geständnis` wurde von Ihnen geschrieben." Elsner hatte ursprünglich so getan, als ob Flöttl selber das Papier ausgefertigt habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2007)


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