Der Zund, der Fund und viel Beigeschmack

Auch wenn „Die Presse“ bereits den Inhalt der Keller-Kisten enthüllt hat, so sind die Umstände des Fundes seltsam.

MONTAG, 25. Februar

Der Hauptangeklagte des Bawag-Prozesses, Helmut Elsner, lässt en passant eine Bemerkung fallen: Man möge doch im Keller von Ex-Bawag-Chef Walter Flöttl nachschauen. Flöttl sen. sei dafür bekannt gewesen, dass er Bankunterlagen mit in sein 600-Quadratmeter-Penthouse am Fleischmarkt genommen habe.

Richterin Claudia Bandion-Ortner setzt unverzüglich Beamte der Sonderkommission „Bawag“ in Marsch (einige Mitglieder dieser Kommission sitzen immer als Beobachter und ausführende Organe im Gerichtssaal). Wolfgang Flöttl, Sohn des früheren Bawag-Generals und nunmehr einer der Angeklagten (Stichwort Karibikgeschäfte), bittet den Senat, mitgehen zu dürfen. Sein Vater sei nicht gesund und würde erschrecken, wenn plötzlich die Polizei im Haus stehe. Die Bitte wird gewährt.

Ein Kellerabteil wird geöffnet. Dort lagern Kisten. Die Spannung ist groß. Man öffnet die Kisten und findet – Urlaubsfotos der Familie Flöttl. Die Schwester von Flöttl jun., die sich der „Suchmannschaft“ anschließt, benennt ein weiteres Abteil des weiträumigen, verwinkelten Altbau-Kellers. Der zur Verfügung stehende Schlüssel sperrt aber nicht. Man bricht die Suche ab. Und verzichtet darauf, das zweite Abteil zu versiegeln.

DIENSTAG, 26. FEBRUARElsner-Anwalt Wolfgang Schubert informiert am Nachmittag den Staatsanwalt per Mail von einem anonymen Hinweis (angeblich aus Kreisen von Ex-Bawag-Mitarbeitern). Demnach müsse es weitere Unterlagen zu finden geben. Staatsanwalt Georg Krakow verständigt unverzüglich das Gericht. Dieses ordnet – nicht sofort, sondern für Mittwoch – eine weitere Suche an.

MITTWOCH, 27. FEBRUARAm Morgen verkündet Richterin Claudia Bandion-Ortner, dass bei der Suche am Montag „absolut nichts“ gefunden worden sei. Dass bereits eine weitere Suche läuft, bleibt vorerst (angeblich aus taktischen Gründen) unerwähnt. Abseits der Verhandlung machen die Soko-Beamten reiche „Beute“. Interessanterweise lässt sich die Kellertür mit demselben Schlüssel öffnen, der am Montag nicht sperrte.

FREITAG, 28. FEBRUARDie Richterin verkündet den Aktenfund.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2008)


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