Wozu hat man eine (National-)Bank?

OeNB-Aktien waren ein beliebtes Instrument zur Tarnung von Finanzströmen.

Wien (ju). Eine der wildesten Transaktionen aus den gestern von der „Presse“ exklusiv veröffentlichten „Kellerbriefen“ des Ex-Bawag-Generaldirektors Walter Flöttl betrifft Notenbank-Aktien: 1985 und 1988 hat der Haupteigentümer ÖGB der Bawag Nationalbank-Aktien im Nominalwert von 10 Millionen Schilling zum sagenhaften Preis von insgesamt 477 Millionen Schilling verkauft.

Ein gutes Geschäft für die Gewerkschaft, ein ziemlich schlechtes für die Bawag. Denn der Preis für die Aktien, die nicht frei handelbar sind und deshalb auch keinen durch Angebot und Nachfrage ermittelten Marktwert besitzen, war völlig überhöht. Ein Geschäft, das der Bawag die sagenhafte Verzinsung von 0,2 Prozent einbrachte, und deshalb von einem Bankvorstand ohne entsprechenden Druck von Eigentümerseite wohl auch nicht eingegangen worden wäre.

Außergewöhnlich war das, wie man heute weiß, freilich nicht: Aktien der Notenbank wurde vor allem im SP-Bereich sehr intensiv zur Tarnung von Geldflüssen verwendet.

Möglich machte das die eigenartige Eigentümerstruktur der OeNB: Die war sozusagen zur Hälfte den politischen Parteien, deren Vorfeldorganisationen und nahe stehenden Finanzinstituten „vergeben“ worden. Die andere Hälfte hielt der Bund

Illustre Eigentümer

Zu Walter Flöttls Zeiten beispielsweise fanden sich unter den OeNB-Eigentümern neben Sozialpartnerorganisationen, Interessensverbänden (Industriellenvereinigung, ÖGB) und schwarzen und roten Banken illustre Organisationen wie der Pensionsfonds der oberösterreichischen Landwirtschaftskammer, die niederösterreichische Brandschadenversicherung, der Konsum Österreich oder der Sozialistische Verlag. Das war offenbar geradezu eine Einladung zu Tricksereien. Als beispielsweise die „Arbeiterzeitung“ in schwere finanzielle Schieflage geriet und nicht mehr zu halten war, mussten die Notenbank-Anteile des Sozialistischen Verlags für eine letzte verzweifelte Rettungsaktion herhalten. Sie wurden an die Bawag verpfändet. Zu einem guten Kurs: Das Paket im Nominalwert von rund 6 Millionen Schilling wurde mit 90 Millionen Schilling bewertet. Geholfen hat es nichts – außer dass die Bawag auf einem weiteren Paket Aktien der Marke „kleiner Wert, großer Preis“ saß.

Ähnliches passierte bei der Konsumpleite. Da musste allerdings die damals staatliche Postsparkasse einspringen und um 200 Millionen Schilling das Nationalbank-Paket des Konsum (Nominalwert 12,5 Millionen Schilling) übernehmen. Die PSK wurde später unter Helmut Elsner von der Bawag übernommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2008)


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