Gazprom: Viel Russengas für wenig Geld

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Die Nachfrage nach russischem Gas ist enorm. Aber der Preis ist im Keller. Gazprom erleidet daher empfindliche Gewinneinbußen.

Wien/Moskau. Wer die komplexen Schwierigkeiten der russischen Wirtschaft an einem Konzern ablesen will, sieht sich am besten Gazprom an. An keinem anderen manifestiert sich der Wettlauf mit Amerika so klar. An keinem anderen die Auswirkungen der Sanktionen. An keinem anderen auch der Effekt des gesunkenen Ölpreises. Dabei müsste es dem Konzern gemessen an den Absatzmengen auf seinem lukrativsten Markt, Westeuropa, eigentlich bestens gehen. Ebendort nämlich läuft der Verkauf blendend, wie die am Mittwoch publizierten Zahlen für das erste Halbjahr zeigen. Ganze 119,1 Mrd. Kubikmeter hat das weltweit größte Gasunternehmen dort verkauft – um neun Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des auch verkaufsstarken Vorjahres. Aber der Preis, der zum Teil den Ölpreis zeitverzögert abbildet, ist im Keller. Im Schnitt betrug er im ersten Halbjahr 11.117 Rubel je 1000 Kubikmeter, um 13 Prozent weniger als ein Jahr davor.

In Europa und zu Hause bedrängt

Das führte dazu, dass der Gewinn von Gazprom im ersten Halbjahr um 37 Prozent auf 381,3 Mrd. Rubel (aktuell 5,4 Mrd. Euro) fiel. Im zweiten Quartal betrug der Gewinneinbruch gar 80 Prozent. Dazu trug auch bei, dass die russische Währung gerade im ersten Halbjahr gegenüber dem Euro um 20 Prozent signifikant aufgewertet hatte (ehe sie danach wieder zurückfiel). Der temporär stärkere Rubel kostete Gazprom zwei Drittel jener Kursgewinne, die er noch im Vorjahr verbuchen konnte.

Abgesehen von den schwierigen äußeren Bedingungen für das laufende Geschäft ist Gazprom zuletzt ins direkte Kreuzfeuer der geopolitischen Konfrontation zwischen Russland und den USA geraten. Die USA zielen mit ihren neuen Russland-Sanktionen vor allem gegen die Erweiterung der russischen Ostseepipeline Nord Stream. Die USA machen auch kein Hehl daraus, dass sie selbst zu einem bedeutenden Gaslieferanten für Europa werden möchten. Die Sanktionen lasten wie ein Damoklesschwert über der Gazprom, zumal ihre europäischen Partner nun auch verunsichert sind.

Das Geschäft in Europa ist für Gazprom nämlich überlebenswichtig, schließlich lässt sich dort deutlich mehr verdienen als zu Hause, wo der Preis zuletzt nur 3761 Rubel je 1000 Kubikmeter betrug. Immerhin konnte Gazprom das Verkaufsvolumen zu Hause um 13 Prozent steigern. Aber die Konkurrenz auf dem Heimmarkt nimmt rapide zu. Und zwar nicht nur seitens des größten reinen Gaskonkurrenten, Novatek, sondern vor allem seitens der Ölfirmen wie der mächtigen Rosneft. Beobachter sehen daher auch die geplante und umstrittene Aufnahme von Gerhard Schröder in den Rosneft-Aufsichtsrat unter anderem darin begründet, dass er im Streit mit Gazprom vermitteln sollte. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2017)

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