Baumgarten-Explosion treibt Gaspreise deutlich nach oben

Smoke rises from Austria's largest natural gas import and distribution station after a gas explosion in Baumgarten
Smoke rises from Austria's largest natural gas import and distribution station after a gas explosion in BaumgartenREUTERS
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In Italien stieg der Gaspreis im Großhandel um 87 Prozent, russische Gasexporte nach Südeuropa sind gestört. Der Preis für britisches Gas legte um ein Drittel zu.

Nach der Explosion in der Gasstation Baumgarten in Niederösterreich zogen die Gaspreise in Europa scharf an. In Italien stieg der Day-ahead-Großhandelspreis um 87 Prozent auf 44,50 Euro je Megawattstunde (MWh).  Dem britischen Gaspreis gab die Explosion in Baumgarten Börsianern zufolge Zusatzschub: Die Terminkontrakte für die Lieferung am selben Tag und zur Lieferung am darauffolgenden Tag stiegen am Dienstag in der Spitze um jeweils mehr als 30 Prozent auf ein Fünf-Jahres-Hoch, berichtet Reuters. Am Montag hatten sie wegen eines Lecks in einer Nordsee-Pipeline bereits um mehr als 10 Prozent zugelegt. Der Preis für britisches Gas zur sofortigen Lieferung schnellte um 32 Prozent nach oben.

Die Explosion bringt auch den russischen Gasexport nach Süd- und Südosteuropa empfindlich durcheinander. Die Gazprom-Tochter Gazprom Export teilte am Dienstag in Moskau mit, man arbeite daran, Umgehungsrouten zu finden, um Lieferengpässe zu vermeiden. In Österreich selbst heißt es, dass die Gasversorgung der Kunden derzeit nicht beeinträchtigt ist.

Transport nach Süden unterbrochen

Aus der Ukraine, dem Haupttransitland für russisches Gas, floss nach slowakischen Angaben am Dienstag ein Drittel weniger Erdgas Richtung Westen als noch am Montag. Aufgrund der Situation in der EU werde es einen temporären Rückgang der Transitvolumina über die Ukraine in Richtung Slowakei geben, so der ukrainische Pipelinebetreiber Ukrtransgaz.

Von Österreich aus sei der Weitertransport nach Süden und Südosten bis auf weiteres unterbrochen, hieß es in einer Mitteilung der Gas Connect Austria GmbH, die zu 51 Prozent der OMV gehört. Das betrifft unter anderem die Slowakei, Slowenien, Ungarn und Kroatien.

Italien war als Empfängerland fast völlig abgeschnitten. Die täglichen Lieferungen seien von 113,5 Millionen auf 14 Millionen Kubikmeter Gas gesunken, teilte der örtliche Transporteur SNAM mit, der wesentlich an der Gas Connect beteiligt ist. Es sei jedoch nicht mit Engpässen bei der Gasversorgung zu rechnen, da Italien auf Reserven zurückgreifen könne, hieß es in einer Presseerklärung des Wirtschaftsministeriums. Die Lage sei unter Kontrolle. Die Sicherheit des italienischen Gasversorgungssystems sei mit Reserven garantiert, betonte auch SNAM. Auch die Gaslieferungen nach Slowenien sind beeinträchtigt, berichtet die slowenische Nachrichtenagentur STA. Der Netzbetreiber Plonovodi erklärte, dass man eine ungestörte Versorgung am slowenischen Gasmarkt sicherstellen wolle.

Die Lieferungen nach Deutschland sind nicht betroffen. Die entsprechende Leitung sei unversehrt geblieben, sagte ein Gas-Connect-Sprecher. Die Versorgung in Deutschland ist nicht gefährdet. Aktuell sei von keiner Beeinträchtigung auszugehen, teilte der Verband der deutschen Fernleitungsnetzbetreiber, FNB Gas, am Dienstag mit. Man verfolge die Situation aber weiterhin mit "höchster Aufmerksamkeit".

In der Slowakei gebe weiterhin eine uneingeschränkte Versorgung von Industrie und Haushalten, so ein Sprecher des größten Gasversorgers des Landes, SPP, laut der Nachrichtenagentur TSAR. Der Gastransport Richtung Baumgarten sei vorerst aber aus Sicherheitsgründen unterbrochen worden, so der slowakischen Pipelinebetreiber Eustream.

Wiederherstellung wird Tage dauern

Die Wiederherstellung der regulären Gasversorgung wird nach Einschätzung der OMV "Tage, nicht Stunden" dauern. Die Gasversorgung Österreichs sei dennoch nicht gefährdet, weil man auf gut gefüllte Gasspeicher zugreifen könne, heißt es aus der Regulierungsbehörde E-Control.

Die Gaskunden in Österreich würden derzeit aus den gut gefüllten Gasspeichern versorgt, erklärte der Leiter der Gas-Abteilung in der E-Control, Bernhard Painz, auf Anfrage der APA. "Die Versorgung der Endkunden leidet nicht", sagte Painz.

Das nutzbare Speichervolumen der österreichischen Gasspeicher betrage rund 8 Mrd. Kubikmeter, aktuell seien die Speicher mit 6 Mrd. Kubikmetern Gas gefüllt, was ein für die Jahreszeit üblicher Wert sei. Der tägliche Gasverbrauch betrage derzeit etwa 28,8 Millionen Kubikmeter Gas. 2016 haben die österreichischen Haushalte sowie Gewerbe und Industrie 7,8 Mrd. Kubikmeter Erdgas verbraucht.

Ursache unklar

Rund 30 Prozent der Gasspeicher-Kapazität in Österreich gehören der OMV Gas Storage, 16 Prozent besitzt die EVN-Tochter RAG (Rohöl-Aufsuchungs-AG). Die Uniper Energy Storage und die Gazprom-Tochter GSA besitzen ungefähr je 21 Prozent und die deutsche Speichergesellschaft Astora etwa 11 Prozent.

Was die Ursache des Unglücks war und wie lange die Wiederherstellung des Normalzustandes nach der Explosion und dem Großbrand dauern wird, lässt sich laut Painz derzeit nicht sagen, auf dem Gelände sei es noch sehr heiß.

An der Wiener Börse notierte die OMV-Aktie Dienstagmittag mit 53,12 Euro um rund 1,2 Prozent niedriger, der Wiener Leitindex ATX gab um 0,26 Prozent nach.

(APA)

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