OMV-Chef Seele spricht gern von seinem Liebkind Russland. Von der Cashcow Norwegen hört man nicht viel.
Wien. Die Zukunft der OMV liegt im hohen Norden, titelte „Die Presse“ vor exakt fünf Jahren, als der damalige OMV-General, Gerhard Roiss, das stärkere Engagement des teilstaatlichen Ölkonzerns in Norwegen verkündete. Dessen Nachfolger Rainer Seele hatte 18 Monate später nur noch wenig Liebe für die „Hochkostenregion Nordsee“ übrig. Im Gegenteil: Der deutsche Manager verkaufte britische Beteiligungen in der Gegend und plant offiziell immer noch, ein gutes Drittel am Norwegen-Geschäft gegen Anteile an einem sibirischen Gasfeld zu tauschen. Lieber billiges Russengas, als teure Rohstoffe aus dem sicheren Norden, lautete seine neue Losung.
Heute sieht die Welt allerdings etwas anders aus. Während das junge Russland-Geschäft der OMV die hohen Erwartungen noch nicht ganz erfüllen kann, sorgte das Stiefkind Norwegen zum Halbjahr für überraschend gute Zahlen. Doch während die Konkurrenz nach Norwegen expandiert, schweigt sich die OMV zum Thema lieber aus. Warum ist das so?
Russland überzeugt noch nicht
Ursprung der guten Entwicklung in Norwegen ist das unerwartete Revival der Ölindustrie im Land. Norwegen galt als sicheres, aber schnell alterndes Ölland. Beim Einstieg kalkulierten die Österreicher daher vorsichtig nur mit zwei wirklich guten Jahren. Diese Erwartung darf nun nach oben korrigiert werden: Denn die Industrie in Norwegen hat die niedrigen Ölpreise genützt, um für wenig Geld nach Rohstoffen zu bohren – und wurde fündig. Experten rechnen damit, dass Norwegen 2020 einen neuen Peak in der Ölproduktion erreichen wird. Auch die OMV vermeldete im April Explorationserfolge im Land. Doch während Konkurrenten wie Wintershall (Rainer Seeles früherer Arbeitgeber) die neue Blüte nützen, um in Norwegen kräftig zu expandieren, schenkt die OMV der „soliden Region“ nur wenig Beachtung. Zu Unrecht, wie manche im Konzern befinden. „Wir haben in Norwegen gerade extrem hohe Margen“, sagt ein OMV-Manager hinter vorgehaltener Hand zur „Presse“, „Aber wir sind angehalten, das ja nicht laut zu sagen.“ Heute trage Norwegen zwischen 40 und 50 Prozents des Gewinns vor Steuern im Upstreambereich bei.