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Ökostrom und Reisefreiheit für Fische

(c) andreas scheiblecker
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Für die Fische, aber sicher nicht für den Hugo ist Bernhard Mayrhofers 2-Kammern-Organismenwanderhilfe. Mit dem von ihm entwickelten neuen Typus einer Fisch-Aufstiegshilfe möchte er beweisen, dass Gewässerökologie und Stromerzeugung aus Wasserkraft miteinander vereinbar sind. Gleichzeitig benötigt die 2-Kammern-Organismenwanderhilfe weniger Fläche und kann kostengünstiger errichtet werden als herkömmliche Fischtreppen und -aufzüge.

Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Tages auf und entdecken eine Mauer, die Ihnen den Weg in die Küche versperrt. So ergeht es zahlreichen Fischen, Krebsen und anderen Tieren in Bächen und Flüssen. Tausende Querbauwerke – Wasserkraftwerke, Wehre und Hochwasserschutzbauten – be- oder verhindern die Wanderung der Wasserlebewesen zu ihren Laich- und Futterplätzen.


Kostengünstige Lösung. Herkömmliche Fischtreppen benötigen viel Platz, müssen individuell geplant werden und mindern die Erträge aus der Stromproduktion, ganz besonders bei Kleinkraftwerken. Bernhard Mayrhofer arbeitet daher seit drei Jahren gemeinsam mit ÖkologInnen und WasserkraftexpertInnen an einer technischen Lösung, die Reisefreiheit für Fische, geringere Kosten für die InhaberInnen von Wasserbauwerken und die energetische Nutzung der Anlage verspricht. „Die von uns entwickelte 2-Kammern-Organismenwanderhilfe besteht aus zwei Fischschleusen, die auf innovative Weise hydraulisch miteinander verbunden sind“, erklärt Mayrhofer.


Derzeit läuft eine Machbarkeitsstudie an der Universität für Bodenkultur in Wien. „Die ersten Ergebnisse in der Versuchsanlage sind vielversprechend“, so der angehende Jungunternehmer. „Die Fische nehmen die Anlage gut an, sogar bei verringertem Leitstrom.“ Den Leitstrom benötigen die Wasserbewohner, um zu erkennen, wo es im Gewässer nach oben und unten geht. In der 2-Kammern-Organismenwanderhilfe kann der Leitstrom im Gegensatz zu herkömmlichen Fischaufstiegshilfen mit einer Kaplan-Rohrturbine zur Stromerzeugung genutzt werden. Gleichzeitig begrenzt die Turbine die Strömungsgeschwindigkeiten in den Kammern, sodass auch kleinere Wasserlebewesen den Aufstieg schaffen.


Von der Versuchs- zur Pilotanlage. Nach Abschluss der Machbarkeitsstudie möchte Mayrhofer zwei Pilotanlagen errichten und sucht dafür noch geeignete Standorte: „Ideal wären Stauwerke mit zwei bis sieben Metern Fallhöhe.“ Die Pilotanlagen sollen einem gründlichen Monitoring unterzogen werden und die Erkenntnisse daraus in die Weiterentwicklung der 2-Kammern-Organismenwanderhilfe einfließen. In Österreich hat Mayrhofer bereits ein Patent für sein System erworben, die Anmeldung zum europäischen Patent läuft. Für 2019 plant er den Markteintritt, dann auch mit Anlagen für noch höhere Dämme.


Mayrhofers Chancen stehen gut. Schließlich schreibt die Wasserrahmenrichtlinie der EU vor, dass alle Fließgewässer bis spätestens 2027 wieder für Wasserlebewesen durchgängig gemacht werden müssen. Allein in Österreich besteht Handlungsbedarf bei rund 9.000 Querbauten.


Der gelernte Elektrotechniker absolvierte an der Fachhochschule Technikum Wien das Studium „Erneuerbare Urbane Energiesysteme“, war als Konstrukteur tätig und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau der Universität für Bodenkultur in Wien. Seit kurzem erhält Mayrhofer Unterstützung durch die Hydraulikexpertin Alkisti Stergiopoulou.


Partnerunternehmen gesucht. „Im Rahmen von greenstart haben wir schon wertvolle Hinweise sowie Kontakte zu mehreren Kraftwerksbetreibern erhalten“, sagt Mayrhofer. „Wir hoffen, dass wir bald die Standorte für die Pilotanlagen fixieren können und suchen noch Partnerunternehmen für die Herstellung von Turbinen, Schiebern und Betonfertigteilen.“


Weitere Informationen:
2-Kammern-Organismenwanderhilfe

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