Bankgeheimnis: Hahn für Verknüpfung mit Steueroasen-Ende

Bankgeheimnis Hahn
Bankgeheimnis Hahn(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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EU-Kommissar Hahn fordert eine „proaktive“ Rolle Österreichs und erklärt, wie Strukturhilfen zur Krisenbewältigung beitragen.

Die Presse: Zypern hat offenkundig gemacht, dass die EU gegen Steueroasen vorgehen und Möglichkeiten zum Anlegen von Schwarzgeld reduzieren muss. Ist es da zu rechtfertigen, dass Österreich weiterhin auf seinem Bankgeheimnis beharrt?

Johannes Hahn: Die aktuelle Debatte trifft ja nicht den österreichischen Kontoinhaber. Betroffen sind Konten in Österreich von ausländischen Kunden. Und da wird man – das zeichnet sich ab – Gespräche führen müssen. Österreich stellt ja bereits Daten für begründete gerichtliche Anfragen zur Verfügung. Es geht beim Kampf um Schwarzgelder ja nicht nur um das eine Thema Bankgeheimnis, es geht auch um Steueroasen. Da könnten einige andere Länder ihren Beitrag leisten. Österreich könnte verlangen, dass über dieses Thema auch debattiert wird.

EU-Steuerkommissar Algirdas Šemeta hat die österreichische Position als „unhaltbar“ bezeichnet.

Österreich wird à la longue seine Position modifizieren müssen. Die meisten österreichischen Politiker haben angekündigt, dass sie in Verhandlungen gehen werden. Und das ist gut so.

Finanzministerin Maria Fekter hat in ihren Statements allerdings eher den Eindruck hinterlassen, am Bankgeheimnis werde nichts geändert.

Die Dinge sind in Bewegung. Man kann natürlich zu dem Ergebnis kommen, dass man dort landet, wo man bereits war. Meine Empfehlung ist, proaktiv zu handeln.

Bankkunden sind derzeit ein sensibles Thema. War es aus Ihrer Sicht richtig, im Fall Zypern Bankkunden bei der Sanierung des Finanzsystems einzubeziehen?

Die finanziellen Probleme einzelner Mitgliedsländer haben jeweils unterschiedliche Ursachen. Daher muss auch sehr unterschiedlich reagiert werden. Im Falle Zypern hat es die Vorgabe gegeben, was die Eigenleistungen des Landes sein müssen. Zypern selbst hat dann den Vorschlag zur Einbeziehung von Bankkunden gemacht. In diesem Fall wurde dieser Vorschlag mit einer gewissen Sickerwirkung nicht akzeptiert. Klar muss sein, dass es sich um eine Einmalleistung handelt, nicht um eine Attacke auf die Einlagensicherungsgarantie – was dann als Spin herausgekommen ist.

In den Krisenländern gibt es ja sehr unterschiedliche Fehlentwicklungen. In Spanien war es eine Immobilienblase, in Zypern eine Finanzblase. Kann die Strukturpolitik der EU dazu beitragen, solche Fehlentwicklungen zu bereinigen?

Das ist das wichtigste Resultat der Krisensituation. Die Kommission hat Mittel an die Hand bekommen, um für die Zukunft vorzusorgen, damit solche Situationen vermieden werden können. Im Prinzip sind all diese Maßnahmen darauf angelegt, länderspezifische Problemfelder zu lösen. So kann auch die Strukturpolitik ihren Beitrag leisten. In vielen südlichen Ländern ist die wirtschaftliche Breite nicht gegeben. Daher habe ich mich für diese Konditionalität eingesetzt, dass wir zum Beispiel jede Region verpflichten, eine Clusterstrategie zu entwickeln. Wo sind die potenziellen Schwerpunkte, wo ist es sinnvoll, zu investieren? So können wir mit Strukturfondsmitteln auch gestalterisch eingreifen.

Es wirkt wie eine Regionalpolitik mit Zuckerbrot und Peitsche.

Ja, in der Vergangenheit haben wir nur gefördert. Jetzt fördern wir und fordern wir.

Kompensiert jetzt die Strukturpolitik das Fehlen einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik?

Nein, wir versuchen einen einheitlichen methodischen Ansatz zu verwirklichen. Es gibt keine Region, die nicht ihre speziellen wirtschaftlichen Potenziale hat.

Sie waren bereits achtmal in Griechenland. Gibt es dort auch Potenzial?

Ja. Wir haben für jedes Land Pläne entwickelt, was mit den Strukturhilfemitteln passieren soll. Griechenland hat wirtschaftlich viele Entfaltungsmöglichkeiten. Das beginnt bei der Nahrungsmittelproduktion und geht bis zur Energieerzeugung. Griechenland könnte Nettoexporteur von Energie werden. Es gibt Potenziale im Qualitätstourismus. Um diese Potenziale zu nutzen, muss Griechenland aber seine Hausaufgaben machen – zum Beispiel ein verlässliches Grundbuch einführen.

Das Thema Schuldenkrise wird auch den Wahlkampf für die Nationalratswahlen in Österreich dominieren. Fürchten Sie eine noch stärkere Polarisierung beim Thema EU?

Die Akteure in der Bundesregierung haben erkannt, dass es keine Alternative zu einer funktionierenden Europäischen Union gibt. Das Wifo hat errechnet, dass bei einem Austritt aus der EU die Arbeitslosigkeit schlagartig um etwa 50 Prozent zunehmen würde. Letztlich geht es aber auch darum, das gemeinsame Europa besser zu vermitteln. Da muss bereits in der Schule angesetzt werden.

Nächstes Jahr wird die EU-Kommission neu besetzt. Streben Sie eine zweite Amtszeit an?

Das hängt zunächst nicht von mir ab. Ich bin derzeit viel beschäftigt, dann schauen wir weiter.

Sollte der Kommissar gemeinsam mit dem Europaparlament gewählt werden?

Nein. Wenn ein Parlamentarier gewählt wird, wird ein Parlamentarier gewählt. Dieser Logik, die einem gewissen Populismus entspringt, kann ich nichts abgewinnen. Bankgeheimnis Seite 15

Zur Person

Johannes Hahn ist seit 2010 der für Regionalpolitik zuständige EU-Kommissar. Der ÖVP-Politiker war zuvor Wissenschaftsminister. Von 1997 bis 2003 war Hahn neben seinem politischen Engagement in der Wiener Kommunalpolitik im Vorstand der Novomatic AG tätig.

Neubestellung. 2014 wird eine neue EU-Kommission bestellt. Hahn hat sich zwar in Brüssel gut etabliert, seine Wiederbestellung ist aber eine politische Entscheidung, die von der nächsten Bundesregierung getroffen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2013)

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