Bankdaten: Faymanns delikates Geheimnis

Faymann & Juncker Bankgeheimnis.
Faymann & Juncker Bankgeheimnis. (c) EPA (BKA/ANDY WENZEL)
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Der Bundeskanzler soll schon vor Monaten vom Positionswechsel der Luxemburger beim Informationsaustausch erfahren haben.

Strassburg/Wien. So unangenehm der Positionswechsel Luxemburgs in Sachen Bankgeheimnis für die österreichische Bundesregierung auch gewesen sein mag – überraschend kam er wohl nicht. Premierminister Jean-Claude Juncker soll Bundeskanzler Werner Faymann bereits vor vier Monaten darüber informiert haben, dass Luxemburg ab 2015 am automatischen Informationsaustausch über Bankdaten teilnehmen wolle – wahrscheinlich also beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs im Dezember in Brüssel. Das sagte der luxemburgische Wirtschaftsminister, Etienne Schneider, gestern, Dienstag, bei einem Pressegespräch in Wien. Das Kanzlerbüro dementiert: Es sei damals nur vereinbart worden, sich beim Thema Bankgeheimnis abzusprechen, hieß es. Dabei sei auch klargestellt worden, dass das auf Ebene der Finanzminister passieren müsse.

Wurde Fekter informiert?

Unklar ist, ob Faymann Finanzministerin Maria Fekter über diese Abmachung informiert hatte. Von einer koordinierten oder gar abgesprochenen Vorgehensweise nach Bekanntwerden des Luxemburger Meinungsumschwungs kann jedenfalls nicht die Rede sein – zu groß war wohl der Schock, als Luxemburg mit seiner Absicht an die Öffentlichkeit ging. Der Kanzler zeigte sich in einer ersten Reaktion verhandlungsbereit, die Finanzministerin bedingungslos. Bei einem Treffen mit Amtskollegen in Dublin hatte Fekter vergangene Woche ihre Position untermauert, der automatische Informationsaustausch bedeute einen „massiven Eingriff in die Privatsphäre“ und verwies auf die anonyme Quellensteuer von 35Prozent. Zinserträge ausländischer Vermögen auf österreichischen Konten werden so automatisch besteuert und gelangen in die Kassen des jeweiligen Fiskus.

Dieses Argument will der Europasprecher der CSU, Markus Ferber, nicht gelten lassen. „Wenn es um Steuerehrlichkeit geht, ist das nur die halbe Wahrheit“, sagt er in einem Gespräch mit der „Presse“. Denn: Die Behörden anderer Länder hätten nicht nur Interesse an den Einnahmen – 25Prozent der Steuern ausländischer Anleger werden an das betreffende Land überwiesen –, sondern wollten auch wissen, woher das Vermögen kommt. Daher plädiert Ferber für die Erweiterung der bestehenden Zinssteuerrichtlinie, die 2005 in Kraft getreten ist und bisher nur den automatischen Informationsaustausch von Zinserträgen umfasst. Sie soll auf weitere Einkommen ausgedehnt werden, wozu unter den Mitgliedstaaten Einstimmigkeit erforderlich ist. Beim EU-Gipfel Anfang Mai wollen die Staats- und Regierungschefs die Erweiterung der Richtlinie auf den Weg bringen. „Die Chancen sind groß, dass auch das letzte Land sich bewegt“, meint Ferber in Anspielung auf Österreich.

Sorge um Steuerabkommen

Sollte Österreich beim automatischen Informationsaustausch doch noch einlenken, soll dies nur die Daten ausländischer Bankkunden betreffen – darüber ist sich die Bundesregierung einig. Sowohl Faymann als auch Vizekanzler Michael Spindelegger betonten am Dienstag, dass in diesem Fall auch die anonyme Quellensteuer beibehalten werden müsse. Sorge besteht angesichts des erst kürzlich vereinbarten Steuerabkommens mit der Schweiz. Es sei „nicht gewiss“, ob dieses Abkommen auch im Falle des automatischen Informationsaustauschs beibehalten werden könne, meint Spindelegger. Fekter hatte dies als Bedingung für ein multilaterales Abkommen zum Informationsaustausch genannt.

Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, wertet diese Forderung positiv: Sie signalisiere „die Gesprächsbereitschaft der Ministerin“. Karas betonte am Dienstag in Straßburg zwar, dass ein „europäisches Gesamtpaket“ dringend nötig sei. Die Dubliner Verhandlungsergebnisse wolle er sich aber erst „in einem persönlichen Gespräch“ mit Fekter erläutern lassen. Jörg Leichtfried (SPÖ) monierte, dass Fekters Position „nicht immer ganz mit der Regierungslinie“ übereinstimme. Scharfe Kritik an der Finanzministerin kam von grüner Seite: Ulrike Lunacek bescheinigte Fekter, sich in Dublin „lächerlich“ gemacht zu haben.

Da es bis zum Inkrafttreten einer erweiterten EU-Zinssteuerrichtlinie noch dauern kann, haben die „großen fünf“ EU-Staaten, Deutschland, Großbritannien, Italien, Frankreich und Spanien, in Dublin vereinbart, den Datenaustausch zunächst auf bilateralem Wege nach Vorbild des US-Steuerabkommens FATCA vorzunehmen. Dies sei zwar ein „Schritt in die richtige Richtung“, meint Ferber. Jedoch könne es bei der Zinsbesteuerung auf Dauer keinesfalls eine verstärkte Zusammenarbeit geben, wie das bei der Finanztransaktionssteuer vereinbart wurde, mahnt er. „Da schafft man ja ein Zweiklassenrecht von Systemen und kann schon prognostizieren, wo das Kapital sich hinbewegen wird“, so der CSU-Politiker.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2013)

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