Nach dem Rating-Urteil von Standard & Poor's könnte Deutschland für den europäischen Rettungsfonds EFSF ein höherer Beitrag abverlangt werden.
Nach dem Rating-Urteil der US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) könnte Deutschland für den europäischen Rettungsfonds EFSF ein höherer Beitrag abverlangt werden. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte am Sonntag, mit dem Verlust des Spitzenratings für Frankreich stelle sich für Niederländer wie Deutsche die Frage, was sie nun für den vorläufigen Rettungsschirm tun müssten. Die Ratingagentur machte die Kreditwürdigkeit des Fonds davon abhängig, ob nach dem Ausfall Staaten wie Deutschland in die Bresche springen. "Entweder muss man die Hilfen der verbleibenden vier AAA-Bürgen erhöhen oder man muss zusätzliche Geldpuffer aufbringen", sagte der bei S&P für die Länder-Ratings zuständige John Chambers.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ebenso wie die französische Regierung die Bedeutung der Herabstufung herunterzuspielen versuchte, wies neue Forderungen an Deutschland zurück. Sie befürchte durch das Rating-Urteil keine Folgen für den EFSF und erwarte weder Handlungsbedarf noch Zusatzkosten für Deutschland. "Dies wird die Arbeit des EFSF jetzt nicht torpedieren", erklärte sie in Kiel.
Allein durch die Herabstufung Frankreichs reduziert sich die Kraft des EFSF nach Schätzungen um 20 Prozent auf 360 Mrd. Euro statt bislang 440 Mrd. Euro. Der EFSF nimmt Kapital am Markt auf, um angeschlagenen Euro-Mitgliedern wie Griechenland zu helfen. Dieses Geld ist am billigsten zu haben, wenn das Finanzpolster des Fonds und die Garantien der Geldgeber die beste Bonität haben. Mit Frankreich und Österreich drohen nun aber zwei AAA-Bürgen auszufallen, nachdem S&P am Freitagabend ihre Drohung wahr gemacht und ihre Bonitätsnote wie die für sieben weitere Euro-Staaten gesenkt hat.
Sarkozy schweigt demonstrativ
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy begegnet dem Negativurteil der Ratingagentur mit demonstrativem Schweigen. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der S&P-Entscheidung erwähnte der Staatschef die Herabstufung der französischen Kreditwürdigkeit am Sonntag mit keinem Wort. Erwähnung fand lediglich die europäische Schuldenkrise im Allgemeinen und die Situation in Frankreich. Sarkozy kündigte an, Ende des Monats weitere konkrete Reformschritte vorzustellen.
Merkel will statt eines höheren Beitrags zum EFSF eher eine schlechtere Note für den Fonds in Kauf nehmen, durch die sich die Kapitalaufnahme zwar verteuert, die finanzielle Schlagkraft jedoch erhalten werden könnte. Sie habe ohnehin nie verstanden, wieso der Euro-Rettungsschirm unbedingt ein AAA-Rating haben müsse, sagte sie in Kiel. Die Zinssätze für Anleihen des Fonds seien ohnehin schon etwas gestiegen. Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer geht davon aus, dass es darauf hinauslaufen wird. In der Folge des S&P-Urteils "dürfte der EFSF selbst auch seine AAA-Bewertung verlieren", schrieb er in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag". Das Risiko dabei sei aber: "Mit einem nur noch zweitrangigen Rating wird es für den EFSF schwierig, neue Investoren zu finden." S&P will bald entscheiden, ob der Fonds sein Spitzenrating behält.
Merkel drängte auf eine zügige Umsetzung des langfristigen Rettungsschirms ESM, der den EFSF ablösen soll, und rasche Beschlüsse für eine größere Haushaltsdisziplin in Europa. Nun müsse der Fiskalpakt noch schneller umgesetzt werden. Der Niederländer Rutte sagte nach einem Telefonat mit der Bundeskanzlerin, nun sei es um so dringender, den ESM zu installieren.
Darüber hinaus erwägt Merkel Gesetzesänderungen, um den Einfluss der Bonitätsnoten im Anlagegeschäft zu brechen. Dazu könnten Vorschriften zur Vermögensverwaltung gelockert werden. Die Politik müsse darauf achten, dass die mit einer Herabstufung verknüpften Folgen nicht mehr schadeten als nutzten. So bezeichnete sie die Vorschrift als "sehr sehr strikt", dass Versicherer Staatsanleihen mit einem bestimmten Rating nicht mehr kaufen dürfen. Hier sollte überlegt werden, "wo man hier gegebenenfalls Gesetzesänderungen machen könnte".
(Ag.)