Eurozone hofft auf IWF-Geld

Gruppenfoto beim Gipfel in Washington
Gruppenfoto beim Gipfel in Washington(c) EPA (SHAWN THEW)
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Europa braucht Hilfe im Kampf gegen die eigene Schuldenkrise. Das IWF-Kapital soll um bis zu 430 Mrd. aufgestockt werden. Aber das Geld wird an Bedingungen geknüpft sein.

Wien. Der Wille ist da: Freitag Abend einigten sich die 20 wichtigsten Industrie- und Entwicklungsländer (G20) darauf, sich einigen zu wollen. Es gebe ein "klares Bekenntnis", die Mittel des Internationalen Währungsfonds IWF um bis zu 430 Mrd. Dollar aufstocken zu wollen, hieß es in einem Communique. Allerdings: Die offizielle Aufstockung des IWF-Kapitals steht noch aus. Und auch wenn es auf der Frühjahrstagung des Fonds am Wochenende zu einer Einigung kommt, wird das zusätzliche Geld an viele Bedingungen geknüpft sein. „Die Presse" beantwortet die wichtigsten Fragen.

1 Warum braucht der IWF mehr Geld?

Die Idee hinter dem Ausbau der globalen „Brandmauer" ist, dass Staaten in Not sich eine Zeit lang via IWF finanzieren können. Die derzeit verfügbare Summe von 380 Mrd. Dollar ist laut IWF-Direktorin Christine Lagarde aber zu wenig. Sie hofft auf zumindest eine Aufstockung um 400 Mrd. Dollar.

2 Wie viel Geld wurde schon zugesagt und von wem?

Laut G20 gibt es Zusagen bis zu 430 Mrd. Dollar. Der größte Teil davon soll von EU-Staaten kommen, die 200 Mrd. Dollar zugesagt haben. Japan hat 90 Mrd. versprochen. Woher das übrige Geld kommen soll, ist noch unklar.

3 Wofür wird der IWF dieses Geld am ehesten benötigen?

In einem Wort: Europa. Die Krise in der EU ist auch nach dem Schuldenschnitt in Griechenland nicht gelöst. In den vergangenen Wochen ist vor allem Spanien zum Sorgenkind geworden. Sollte das Land sich nicht mehr an den Märkten refinanzieren können und ein Bail-out benötigen, dürften sich die bisher gespannten „Rettungsschirme" als zu klein erweisen, um das Land zu retten.

4 Warum nutzt die EU die 200 Mrd. Dollar nicht selbst für Spanien?

Da handelt es sich um einen gewieften, aber riskanten Trick der europäischen Staaten. Das Geld für den IWF soll nicht aus den Budgets kommen, sondern von den nationalen Notenbanken „frisch gedruckt" werden. So müssten die Politiker keine weiteren unpopulären Rettungspakete schnüren.

5 Müssen die Zentralbanken das Geld „frisch drucken"?

Die - eigentlich unabhängigen - Zentralbanken sind verpflichtet, dem IWF Kreditlinien einzurichten, wenn die Regierungen das beschließen. Die Deutsche Bundesbank, die rund 40 Mrd. Euro „drucken" müsste, legt sich aber quer und verlangt eine Entscheidung des Bundestages. Die Regierungsparteien Union und FDP verweigern diese aber und verweisen auf die Unabhängigkeit der Bundesbank.

6 Wovon ist abhängig, ob das IWF-Kapital offiziell aufgestockt wird?

Von den USA. Sie halten 16,75 Prozent der Stimmrecht. Für eine Kapitalaufstockung sind 85 Prozent notwendig. Die Vorherrschaft der USA und Europas (das mehr als 30Prozent der Stimmrechte hält) im IWF ist auch der Hauptgrund, warum die BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) sich bisher einer Kapitalaufstockung verweigern.

7 Was wollen die BRICS bei der IWF-Tagung erreichen?

Schon 2010 wurde eine IWF-Reform beschlossen, die eine (geringfügige) Verschiebung der Stimmrechte von Europa an die BRICS vorsieht. Die USA würden ihre Sperrminorität zwar behalten, blockieren die Reform aber dennoch. In Amerika ist Wahljahr, und Geldhilfen für das Ausland gelten als unpopulär. Das Weiße Haus hat mehrmals betont, dass vor dem Herbst weder mit einer IWF-Reform noch mit einer Kapitalaufstockung zu rechnen ist. Kanada will diese Blockade unterstützen.

8 Was passiert, wenn es doch zu keiner Einigung kommt?

Zunächst nicht allzu viel. Europa darf immer noch hoffen, die Schuldenkrise durch Reformen in den Griff zu bekommen. Der kommende „permanente Rettungsschirm" ESM funktioniert ähnlich wie der IWF und könnte den Fonds in Europa ersetzen. Die BRICS suchen Alternativen. Sie haben erst kürzlich Pläne für eine eigene Variante der Weltbank und des IWF angekündigt. Auch in Asien laufen Gespräche über die Gründung eigener Institutionen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2012)

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