Spanien: Risiko auf Rekordniveau

Symbolbild
Symbolbild(c) REUTERS (ANDREA COMAS)
  • Drucken

Risikoaufschlag spanischer Staatsanleihen ist im Vergleich zu deutschen Papieren höher als je zuvor seit der Euro-Einführung. Grund sind Sorgen über spanische Banken. Das Land wird zu einem immer größeren Risiko.

Wien/Ag./jaz. Es war die Sorte von Nachrichten, die der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy zur Zeit gar nicht hören will: So gab Spaniens viertgrößtes Finanzinstitut Bankia Ende der Vorwoche bekannt, zusätzlich zu der vor zwei Wochen erhaltenen Geldspritze über 4,5 Mrd. Euro noch einmal 19 Mrd. Euro zu benötigen; „Die Presse“ berichtete. Dies reißt ein unerwartetes Loch in die Finanzen des kriselnden Staates. Denn ursprünglich hatte Spaniens Finanzministerium angenommen, dass die Hilfe für alle Banken des Landes zusammen nicht mehr als 15 Mrd. Euro ausmachen werde. Die Finanzmärkte quittierten die Neuigkeiten am Montag mit einem eindeutigen Signal: Der Risikoaufschlag spanischer Anleihen gegenüber ihren deutschen Pendants stieg auf ein neues Rekordhoch.

Mit 6,41 Prozent mussten die Iberer am Pfingstmontag bereits um 508 Basispunkte mehr Zinsen für ihre zehnjährigen Anleihen zahlen als Deutschland. Dieser Wert liegt nur noch knapp unter dem bisherigen Höchststand von 6,7 Prozent, der im Herbst 2011 erreicht worden war. Damals reagierte die EZB, indem sie spanische Anleihen am Sekundärmarkt aufkaufte und in weiterer Folge die – vor allem südeuropäischen – Banken mit zwei Geldspritzen in Höhe von insgesamt rund einer Mrd. Euro zu stabilisieren versuchte.

Anleihen gegen Aktien

Bei der jetzt anstehenden Bankenrettung soll die Zentralbank laut spanischer Regierung zwar keine direkte Rolle spielen. „Eine europäische Rettungsoperation ist nicht notwendig“, sagte etwa die Budgetstaatssekretärin Maria Fernandez Curras in Madrid. Indirekt dürfte die EZB jedoch sehr wohl ein Teil der Rettungsaktion werden. Denn die Refinanzierung von Bankia soll durchgeführt werden, indem das Finanzinstitut Aktien an den spanischen Staat abtritt und im Gegenzug dafür Staatsanleihen erhält. Diese Anleihen kann Bankia dann bei der EZB als Sicherheit verwenden, um sich frisches Geld zu leihen.

Die spanische Verschuldung, die seit Ausbruch der Krise im Jahr 2008 von etwas über 40 Prozent auf knapp 70 Prozent des BIP richtiggehend explodiert ist, dürfte so weiter kräftig ansteigen. Schon im Vorjahr musste Spanien erneut ein Budgetdefizit von 8,9 Prozent des BIP verkraften.

An den Finanzmärkten geht daher neuerlich die Angst um, dass Spanien die Sanierung des maroden Bankensektors nicht allein stemmen kann und schlussendlich doch noch unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen muss – wobei sich die Frage stellt, ob dieser Rettungsschirm auch groß genug für die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ist.

25 Prozent Minus am Montag

Die Aktien, die der Staat im Gegenzug für die Rettungsaktionen erhält, verlieren indessen immer stärker an Wert. So gab der Börsenkurs von Bankia bereits in den vergangenen Monaten um zwei Drittel nach. Am Montag lag die Aktie des Finanzinstituts nach Börseneröffnung in Madrid erneut mit 25 Prozent im Minus. Im Laufe des Tages reduzierte sich dieser Negativwert jedoch auf rund zehn Prozent.

Das Problem der spanischen Banken sind immer noch die Folgen der gewaltigen Immobilienblase, die 2008 mit einem lauten Knall geplatzt ist. Die Bilanzen der iberischen Institute werden durch Altlasten aus schwer verkäuflichen Immobilien und faulen Krediten in Milliardenhöhe belastet. Die Schätzungen reichen von mindestens 180 bis zu 260 Milliarden Euro. Laut dem Internationalen Bankenverband IIF dürfte das Land dem Bankensektor daher zusätzliche 60 Mrd. Euro zuschießen müssen.

Spanien wird damit nicht nur für die Eurozone zu einem immer größeren Risiko. Da gleichzeitig jedoch die staatlichen Leistungen für Bildung, Gesundheit und Soziales gekürzt werden, wächst zwischen Madrid und Barcelona zunehmend der Widerstand gegen die Rettungspakete. In einem Land, in dem die Arbeitslosigkeit bei den unter 24-Jährigen bei 46,4 Prozent liegt, birgt diese Entwicklung auch großen sozialen Sprengstoff.

Auf einen Blick

Das spanische Finanzinstitut Bankia benötigt zusätzlich zur bereits vor zwei Wochen gewährten Staatshilfe im Ausmaß von 4,5 Mrd. Euro weitere 19 Mrd. Euro. Das Geld soll in Form von spanischen Staatsanleihen fließen, welche die spanische Regierung im Austausch gegen Bankia-Aktien an die Bank übergeben will.
Spaniens Staatsverschuldung dürfte durch die Bankenrettung neuerlich in die Höhe getrieben werden. Laut internationalem Bankenverband dürften die Finanzinstitute in Summe nämlich 60 Mrd. Euro benötigen. Der Risikoaufschlag auf spanische Anleihen im Verhältnis zu ihren deutschen Pendants ist am Montag daher auf ein Rekordhoch gestiegen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

New Articles

Schuldenkrise: Spanien wird wohl EU-Hilfen brauchen

Spanien kann seine Banken nicht allein retten. Die EU-Kommission will, dass der ESM einspringt. Ein Rettungspaket für Spanien könnte 350 Mrd. Euro kosten. EZB lehnt Spaniens Plan ab.
Gastkommentar

Auch Spanien wankt – und Europa steht vor dem Zerfall

Statt Europa zusammenzuschweißen, ist die gemeinsame Währung Euro zu einem Keil geworden, der den Kontinent spaltet.
Der Banken-Restrukturierungsfonds werde die Bankia stützen, sagt der spanische Wirtschaftsminister De Guindos
Home

Spanien: "Rekapitalisieren Bankia über Bankenfonds"

Laut Wirtschaftsminister De Guindos wird der Fonds Frob, in dem mehr als vier Milliarden Euro liegen, Garantien abgeben. Die EZB wurde zu den spanischen Restrukturierungsplänen nicht befragt.
EZB lehnt Rettungsplan für die Bankia ab
Home

EZB lehnt Spaniens Rettungsplan für Bankia ab

Die Regierung wollte der Muttergesellschaft der maroden Bank 19 Milliarden Euro schwere Anleihen zuschießen.
Home

Eurokrise: Spaniens Banken droht der Kollaps

Die spanischen Banken erweisen sich als neues „Fass ohne Boden“. Die Regierung will zur Bankenrettung frische Schulden machen. Dem Land droht das Schicksal Griechenlands.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.