Island: Arbeitslosenquote explodiert

Junge Isländer bei einer Demonstration nach der Pleitewelle des Finanzsektors.
Junge Isländer bei einer Demonstration nach der Pleitewelle des Finanzsektors.(c) REUTERS (HO)
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Der Inselstaat steht am Rande des Staatsbankrotts und benötigt Milliardenkredite. In Folge dessen steigt die Arbeitslosigkeit rasant an: Allein im Oktober hat sich die Quote auf 2,4 Prozent fast verdoppelt. Bis Jänner werden bis zu sieben Prozent erwartet.

Die Arbeitslosigkeit auf Island ist im Gefolge der internationalen Finanzkrise rasant gestiegen. Wie ein Sprecher der Arbeitsbehörde in Reykjavik am Dienstag mitteilte, legte die Erwerbslosenquote allein im Oktober von 1,3 auf 2,4 Prozent zu. Bis Ende Jänner rechnet die Behörde mit einem Anstieg auf sechs bis sieben Prozent.

Inflation von 16 Prozent

Wie es weiter hieß, gingen in den vergangenen vier Wochen Ankündigungen über 3.000 meldepflichtige Entlassungen ein. Auf der Atlantikinsel mit insgesamt 320.000 Einwohnern sind 180.000 Männer und Frauen erwerbstätig.

Die Zahl ausländischer Arbeitskräfte, überwiegend Polen, halbierte sich im Oktober von knapp 20.000 auf unter 10.000. Die Baubranche kam in dieser Zeit fast völlig zum Erliegen.

Im Kampf gegen den drohenden Staatsbankrott hat sich Island wiederholt hilfesuchend an die EU, den Internationalen Währungsfonds und auch Russland gewandt. Die Verhandlungen mit dem IWF stünden kürz vor dem Abschluss, hieß es Ende Oktober.

Eine Zeit lang sah es so aus, als sei Russland das einzige Land, das Island beistehen würde. Nach Verhandlungen mit Oslo und London kam aus Norwegen die Zusage für einen Kredit in Höhe von 500 Millionen Euro. Diese Woche sagte Norwegen einen weiteren Kredit mit demselben Umfang zu.

Norwegens Außenminister Jonas Gahr Store sagte bei einem Besuch in Reykjavik, die Krise auf Island sei "von Menschen gemacht". Dennoch müssten gerade die nordischen Nachbarn und Partnerländer jetzt schnelle Hilfe leisten. Gahr kritisierte auch die anderen europäischen Länder wegen mangelnder Hilfsbereitschaft.

Einige Tage zuvor sagte bereits seine Kabinettskollegin, die Verkehrsministerin Liv Signe Navarsete, man könne "ein Schwestervolk in Not" nicht alleinlassen.

Ob sich auch Moskau an der Hilfsaktion beteiligt, ist mittlerweile ungewiss. Ein solcher Schritt weckt in Europa Unbehagen. Vor allem in Skandinavien herrscht Skepsis. So kommentierte die norwegische Zeitung "Aftenposten": "Island ist Nato-Mitglied, seine Lage ist strategisch wichtig. Keinem wäre damit gedient, wenn Island zu einem Machtvakuum würde." Auch wird die Möglichkeit erwähnt, dass Island als Gegenleistung für den Kredit russischen Fischern Fangrechte verpfänden könne.

Ein Drittel denkt ans Auswandern

Die isländische Landeswährung Krone - die kleinste unabhängige Währung der Welt - hat im Lauf der vergangenen zwölf Monate knapp drei Viertel ihres Werts gegenüber dem Euro verloren. Die Krise des isländischen Finanzsektors hat nicht nur die Zahl der Befürworter eines EU-Beitritts sprunghaft ansteigen lassen.

Nach dem Zusammenbruch der drei größten Banken haben Bürger, Unternehmen und die Regierung mit einer Inflationsrate von knapp 16 Prozent, Leitzinsen von 18 Prozent und akutem Devisenmangel zu kämpfen.

Bei einer Umfrage in der Vorwoche erklärten 31 Prozent der Befragten, dass sie sich wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise mit Auswanderungsgedanken tragen.

Die Regierung des Landes versucht, dagegen zu halten. In Interviews kündigte Islands Ministerpräsident Geir Haarde ein Regierungsprogramm gegen die befürchtete Wirtschaftskrise an. Das Land habe eine intakte Produktionsstruktur mit der Fischereiwirtschaft, zunehmendem Tourismus sowie der lukrativen Herstellung von Aluminium.

Auswirkungen auch auf Österreich

Auch österreichische Finanzhäuser sind über ihre Investitionen in Island direkt von der Entwicklung des Inselstaates betroffen. Laut "Presse"-Informationen bangt die heimische Finanzbranche um insgesamt 2,6 Mrd. Euro. Allein der Raiffeisen-Sektor soll mit über einer Milliarde Euro betroffen sein.

In Deutschland sind 30.000 Anleger bei der früher größten isländischen Bank Kaupthing von der Krise direkt betroffen. Mögliche Regierungsgarantien für ihr Geld gelten als ungeklärt. Darüber hinaus trägt auch die Bayerische Landesbank einen großen Schaden davon: Sie hatte sich mit 1,7 Milliarden Euro in dem Land engagiert, die nun als verloren gelten.

(Ag./Red.)

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