Wien: Das Händlersterben geht weiter

(c) Fabry
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Internationale Konkurrenz und zu hohe Kosten hinterlassen deutliche Spuren beim Traditionshaus Tlapa. Ein radikaler Umbau steht an.

Ob die Werbung auf der Homepage des Wiener Bekleidungshauses Tlapa mit stark reduzierten Angebotspreisen eine Reaktion auf das mäßig angelaufene Ostergeschäft ist oder bereits einen Vorgriff auf die Unternehmenszukunft darstellt, weiß man nicht. Gesichert ist jedoch, dass das Traditionshaus in Favoriten 61 seiner 100 Mitarbeiter beim AMS zur Kündigung vorgemerkt hat.

Für Roman Schwarzenecker, Gesellschafter beim Berater Standort + Markt kommt die Meldung nicht wirklich überraschend: „Einerseits hat der neue Geschäftsführer erst vor Kurzem angekündigt, dass er etwas Neues machen wird, zum anderen war schon absehbar, dass Mitbewerber wie C&A, Kleider Bauer und vor allem Peek & Cloppenburg an der Bastion Tlapa gerüttelt haben“. Auch Hania Bomba, Geschäftsführerin von Regioplan, zeigt sich nicht überrascht: "Das Konzept von Tlapa an diesem für dieses Sortiment schwierigen Standort fehlt die Klarheit und Schärfe". Die Spezialisierung auf Herrenbekleidung sei grundsätzlich nicht falsch, jedoch an diesem Standort überholt. Dass die Schwierigkeiten von Tlapa in einer zeitlichen Nähe mit dem Shoppingcenter im neuen Wiener Hauptbahnhof stehen, sei eher Zufall.

Weniger Anzüge und Sakkos

Noch vor fünf Jahren machte der 1873 vom Schneidermeister Wenzel Tlapa gegründete Ausstatter einen Umsatz von 14,9 Millionen Euro. Sogar ein kleiner Gewinn von 357.000 Euro floss in den Kassen der Eigentümer. Am Standort in der Favoritener Straße mit 6000 Quadratmetern Mietfläche waren im Jahr 2010 noch 130 Leute beschäftigt. Angesichts der übermächtigen Konkurrenz hätte man jedoch in der Folge „den Wandel im Modegeschäft übersehen“ und den Standort an einen der internationalen Anbieter verkaufen sollen, sagt Schwarzenecker von Standort+Markt. Diese Mitbewerber seien mit ihrer Preisstruktur und niedrigeren Personalkosten, da zumeist jüngere Mitarbeiter beschäftigt werden, deutlich überlegen, analysiert er die Situation. Mit Fürnkranz habe auch ein anderes Wiener Modehaus die Veränderungen im Markt übersehen und bereits vor Jahren ihre Standorte schließen müssen. Auch die Marke Schöps gehört seit 2009 der Vergangenheit an.

Zudem verursacht die geringere Nachfrage nach Business-Kleidung, speziell bei Großkonfektion wie Anzügen und Sakkos, einen Umsatzrückgang; nicht nur bei Tlapa. „Früher gingen die Männer im Anzug zu Geburtstagsfeiern. Zu einer Firmung wurde eine ganze Familie neu eingekleidet. Das ist heute nicht mehr der Fall“, sagt Schwarzenecker.

Fläche für Bekleidung rückläufig

Doch Tlapa will nicht schließen, sondern sein Geschäft umbauen: Der 31-jährige Geschäftsführer Carlo Vitaly setzt auf Aktionsware und will das Haus in ein Outlet-Center verwandeln. Grundsätzlich keine schlechte Idee, sagt Schwarzenecker dazu. Der Standort in Favoriten sei sehr bekannt, auch die Klientel wäre vorhanden. Das Problem werde jedoch die Ware sein. Was soll einen Tlapa-Lieferanten, der heute hochwertige Produkte fabriziert, dazu bewegen, Ausschuss- oder Aberkaufsware an ein Outletcenter zu liefern, fragt sich der Fachmann. Auch Hania Bomba zweifelt am neuen Konzept: "Da muss man sich ganz was anderes überlegen. Als Tlapa einfach mit um 40 Prozent niedrigeren Preisen weitermachen, wird nicht funktionieren."

Im Favoritener Handel hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten auch ein deutlicher Strukturwandel vollzogen. Nach Zahlen von Standort+Markt gab es im Vorjahr im zehnten Bezirk zwischen Columbus Center und Reumannplatz sowie Teilen der Quellenstraße etwa 70.000 Quadratmeter Geschäftsfläche. 56.000 Quadratmeter werden davon dem Einzelhandel zugeordnet, der Rest den Dienstleistungen wie Gastronomie und Banken. Von der Handelsfläche entfallen noch 25.500 Quadratmeter auf die Modebranche. Vor 30 Jahren, bevor die internationalen Filialisten den Hochpreisigen heimischen Bekleidungsmarkt aus dem Dornröschenschlaf weckten, waren es noch 40.000 Quadratmeter.

Für Schwarzenecker ein Indiz, dass „die lustbetonte Shoppingkomponente in Favoriten zurückgehe und die Menschen auf andere Standorte in und um die Stadt ausweichen“. Doch die Zahlen widersprechen auch der oftmals gehörten Aussage, wonach es Modegeschäfte wie Sand am Meer gebe. Jedenfalls in Favoriten, das, wäre es eine eigene Stadt, mit 186.000 Einwohner in Österreich an vierter Stelle läge.

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