"Cerro Rico": Ein Berg als Menschenfresser

An independent miner enters the Pailaviri zinc-tin mine at the famous Cerro Rico mountain in Potosi,
An independent miner enters the Pailaviri zinc-tin mine at the famous Cerro Rico mountain in Potosi, (c) AP (Dado Galdieri)
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Der Silberabbau in Bolivien machte die Spanier Ende des 16. Jahrhunderts reich. Für die Einheimischen war der "Cerro Rico" immer ein Berg des Teufels.

Durch den Silberabbau der Spanier wurde die bolivianische Stadt Potosí im 17. Jahrhundert zur reichsten und größten Stadt der Welt - mit mehr Einwohnern als Madrid oder Paris. Jahrhundertelang war die Stadt ein Synonym für Reichtum. In Cervantes "Don Quijote" steht Potosí für unermesslichen Wohlstand. Und im Spanischen gibt es immer noch die Redensart "vale un Potosí" für "es ist ein Vermögen wert". Bis zu 220 Tonnen Silber brachten die spanischen Schiffe Mitte des 16. Jahrhunderts jedes Jahr in die europäische Heimat zurück.

Eine der absurdesten Städte der Welt

Mehr als die Hälfte davon stammte aus einem einzigen Berg, dem auf 4800 Meter Höhe gelegenen bolivianischen Cerro Rico ("Reicher Berg"), wie "ZEIT Geschichte" schreibt. Eine Zeit lang gelangte mehr Gold aus Potosí - dem unterhalb des Berges gelegenen Orts - als in Europa zirkulierte. Für die Einheimischen war er aber stets ein Berg des Teufels. Bereits 1585 beschrieb der spanische Minenbesitzer Luis Capoche den Cerro Rico als einen "schroffen Henker, der Tag für Tag Indios frisst", wie "Geo Epoche" in seiner Spanien-Ausgabe berichtete. Insgesamt sollen vier bis acht Millionen Indios beim Abbau in den Minen des Cerro Rico den Tod gefunden haben. Der Berg habe eine der reichsten und absurdesten Städte der Welt erfunden, schreibt "Geo Epoche": Weil bis hin zum einfachen Nagel alles mühsam über die Anden geschafft werden muss. Von indianischen Trägern, mit Maultieren, auf Eseln. Und durch kilometerlange Karawanen, mit Hunderten von Lamas. Etwa 200 solcher Karawanen zu je 500 Lamas sind alljährlich nötig zu Versorgung Potosís".

(c) Reuters (David Mercado)

Der Tod hat viele Gesichter

Und immer noch hat der Berg Hunger auf die Menschen. Heute dauert das Sterben allerdings länger. "Die meisten Minenarbeiter sterben an der Silikose", sagt der 14-jährige Basilio Vargas laut einem Bericht des Magazins "mittendrin": "Wenn all der Staub in die Lunge dringt, wird sie zerfressen, bis sie schließlich platzt". Die Lebenserwartung der "Mineros" liegt bei 40-50 Jahren. Es sind viele Kinder, die in den Stollen arbeiten. "Rund 600 Kinder, viele nicht älter als acht, klopfen Erz im Cerro Rico. Sie sind besonders wendig und werden in Stollen eingesetzt, die für Erwachsene zu eng sind", schreibt der "Spiegel".

Der Tod habe viele Gesichter im Cerro Rico, heißt es in dem Bericht weiter. Angeführt wird das Beispiel des 55-jährigen Adrián Humanis. Der Bergarbeiter brach an einer Straßenecke zusammen: "Er erbrach schwarzes Blut und verendete auf dem Bürgersteig. Silikose, Staublunge, diagnostizierten die Ärzte, die häufigste Todesursache der Minenarbeiter. Das Krankenhaus ist nur zwei Straßenblocks von der Stelle entfernt, wo Humanis starb, aber er hatte es nicht bis zum Eingang geschafft". Immer wieder sterben die Arbeiter aber auch heute noch bei Unfällen in den Stollen selbst.

"Der Berg wird die Arbeiter begraben"

Rund 500 Stollen wachsen heute unkontrolliert durch den Berg, der so sehr einem Schweizer Käse ähnelt, dass manche Geologen befürchten, dass er bald zusammenbricht, heißt es in dem Bericht. Erst Ende Jänner 2011 berichtete "Latina Press" davon, dass der Cerro Rico zum Notstandsgebiet erklärt wurde, weil es in vier Bereichen des von der Unesco 1987 zum Weltkulturerbe erklärten Berges zu Problemen in der geologischen Struktur kam. Mehrere Stollen waren eingebrochen.

Victor Apacuní, der neben den Bergarbeitersiedlungen am Cerro Rico mehrere Deponien betreibt, ist sich sicher: "Eines Tages wird der Berg in sich zusammensacken und die Arbeiter begraben", sagt er laut "Spiegel".

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