Doppelmayr vor Großauftrag in La Paz

Doppelmayr Grossauftrag
Doppelmayr Grossauftrag(c) REUTERS (DAVID MERCADO)
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Der Vorarlberger Seilbahnbetreiber Doppelmayr soll Seilbahnen in Bolivien bauen. Das Auftragsvolumen dürfte 200 Millionen Euro übersteigen. Es ist das größte derartige Projekt Südamerikas.

La paz. Technik aus Österreich könnte helfen, eines der größten Verkehrsprobleme Lateinamerikas zu beheben. Der Vorarlberger Seilbahnbetreiber Doppelmayr soll nach dem Willen der bolivianischen Regierung das größte Seilbahnprojekt in der Geschichte des Subkontinents realisieren. Vorige Woche stimmte der bolivianische Kongress dem Vorschlag des Präsidenten Evo Morales zu, drei Seilbahnen im Ballungsraum der Großstadt La Paz zu errichten. Für die Finanzierung des Vorhabens hat die Zentralbank einen Kreditrahmen von 236,4 Mio. Dollar (192,5 Mio. Dollar) bereitgestellt. Der Parlamentsbeschluss gibt der Regierung nun grünes Licht, direkt mit Doppelmayr zu verhandeln.

400 Höhenmeter nach El Alto

Vor allem soll die Verkehrsverbindung zwischen Boliviens Regierungssitz La Paz und El Alto verbessert werden. Diese auf über 4000 Meter Meereshöhe gelegene ehemalige Armensiedlung ist durch massiven Zuzug in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer Großstadt mit 1,2 Millionen Einwohnern angewachsen.

El Alto breitet sich auf einer andinischen Hochebene immer weiter aus und ist inzwischen stärker bevölkert als das in einem Talkessel eingeengte Geschäfts- und Regierungszentrum La Paz. Die Straßenverbindung zwischen den zwei Metropolen muss in etwa 400 Höhenmeter überwinden und ist chronisch überlastet. Tausende Kleinbusse bringen die vielen Pendler täglich zur Arbeit.

Zwei der drei projektierten Seilbahnen sollen El Alto und La Paz verbinden, eine dritte wird zwischen dem Zentrum und dem Süden der Metropole verkehren. 36 Kilometer Strecke sollen zunächst überspannt werden, elf Haltestellen sind vorgesehen. 60.000 Personen sollen täglich schnell über dem Verkehrschaos zur Arbeit schweben.

„La Paz braucht eine Seilbahn“, sagte Präsident Evo Morales, der bei seinen regelmäßigen Besuchen in Venezuelas Hauptstadt Caracas den dortigen „Cabletren“ studieren konnte – ebenfalls eine Doppelmayr-Konstruktion, die 2010 eröffnet wurde. „Hier geht es nicht um Tourismus. Wir haben ein großes Bedürfnis nach öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen El Alto und La Paz.“ Morales verlangte eine Koordination aller beteiligten Stellen, um das Projekt schnell in Angriff zu nehmen.

Das galt vor allem dem mächtigen Verband der Transporteure, der in den geplanten Gondeln eine äußerst unliebsame Konkurrenz wittert. Der Chef des Gremiums warnte, dass 4000 Busunternehmer teils herbe Einbußen erleiden könnten.

Bürgermeister zweifelt an Projekt

Der Bürgermeister von La Paz glaubt nicht, dass die drei Seilstränge die Verkehrsbedürfnisse von 1,7 Millionen Passagieren stillen können. Luis Revilla verlangt, dass internationale Experten in die Planung einbezogen werden, um sicherzustellen, dass das neue System mit den bestehenden Verkehrsmitteln vernetzt wird. „Sonst wird das hier nur etwas für Touristen“, sagte der Bürgermeister, ein ehemaliger Weggefährte von Morales, der zu einem der wichtigsten Antipoden des Präsidenten wurde.

Präsident Morales möchte die Seilbahn 2014 eröffnen – möglichst rechtzeitig vor den Präsidentschaftswahlen, die im gleichen Jahr stattfinden werden.

Auf einen Blick

Der Seilbahnbetreiber Doppelmayr soll im Großraum der bolivianischen Metropole La Paz drei Seilbahnen bauen. Der Kongress billigte einen entsprechenden Vorschlag des Präsidenten Evo Morales. Nun beginnen die Verhandlungen mit der Vorarlberger Firma. Bolivien steht ein Kreditrahmen von bis zu 236,4 Mio. Dollar zur Verfügung. La Paz' Bürgermeister zweifelt indes an der Sinnhaftigkeit des Projekts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2012)

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