Brüssel überdenkt seine Pläne. Ab 2020 sollen nur noch maximal fünf Prozent Agrosprit in den Tank.
Brüssel/Auer. Kehrtwende in Brüssel: Die EU will die Nutzung von Agrotreibstoffen nicht länger fördern, sondern sogar deutlich begrenzen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf einen Gesetzesentwurf. In einem ersten Schritt sollen demnach alle Subventionen für Kraftstoffe aus Getreide komplett eingestellt werden. Ab 2020 würde der Agrospritanteil am gesamten Energieverbrauch des Transportsektors auf fünf Prozent limitiert. Als Grund für die Abkehr werden Studien zitiert, nach denen die Nutzung von Treibstoffen aus Palmöl, Sojabohnen oder Raps das Klima stärker belastet als bisher angenommen.
Elektroautos statt Agrosprit
Mit diesem Schritt stellt sich die EU indirekt gegen Quoten, die sie den Mitgliedsländern selbst auferlegt hat. Derzeit sind die Staaten verpflichtet, bis 2020 zumindest zehn Prozent des verbrauchten Treibstoffs aus erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen. Einen Gutteil dieser Vorgabe wollten sie über eine Beimischung von Agrosprit zu Benzin und Diesel erreichen.
In Österreich sollen erste Tankstellen offiziell ab Anfang Oktober dazu verpflichtet werden, den umstrittenen Agrosprit E10 zu verkaufen. Eine steuerliche Begünstigung für das Gemisch aus zehn Prozent Ethanol und 90 Prozent Superbenzin ist allerdings vom Tisch. Damit dürfte E10 teurer werden als herkömmlicher Treibstoff. In Deutschland ist E10 auch zwei Jahre nach der Einführung noch ein Reinfall. Viele Autofahrer sind immer noch verunsichert, ob ihr Modell den Agrosprit verträgt und greifen lieber zur gewohnten Konkurrenz. Derzeit beträgt der Marktanteil von E10 in Deutschland 20 Prozent.
Für die Länder würde das Gesetz vor allem eines bedeuten: Sie müssten die Öko-Quote im Verkehrssektor anders erreichen. Rückenwind also für die Pläne, hunderttausende Elektroautos auf Europas Straßen zu bringen. Das würde auch den teils starken Ausbau von Ökostromanlagen in Europa rückwirkend rechtfertigen. Denn grün sind auch Elektroautos nur dann, wenn der Strom, der sie antreibt, mit Hilfe von Wasser, Wind oder Sonne produziert wird.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2012)