US-Budgetstreit: Bankrotterklärung der Republikaner

John Boehner
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In der Steuer- und Sparpolitik erlitt John Boehner, der republikanische „Speaker“, eine Blamage. Seine Fraktion verweigerte „Plan B“. Jetzt muss der Senat eine Lösung finden.

Washington. John Boehner stand vor seiner Fraktion, und er wusste sich nicht mehr anders zu helfen, als in einem Gebet Gott zu beschwören: „Gott, gib mir die Gelassenheit, die Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann; den Mut, das zu ändern, wozu ich imstande bin; und die Weisheit, den Unterschied zu erkennen.“

Am Ende erlitt der Führer der republikanischen Mehrheitsfraktion im Repräsentantenhaus eine Blamage, die den mächtigen „Speaker“ des Kongresses – de facto Gegenspieler des Präsidenten – zu einer traurigen Figur abstempelte. Denn die Abgeordneten der Grand Old Party verweigerten ihm die Gefolgschaft für seinen „Plan B“ in der Steuer- und Sparpolitik. Sie besiegelten damit eine politische Bankrotterklärung: Die Republikaner im „House“ sind zu keinem Kompromiss fähig. Es kam nicht einmal zu einem Votum.

Kurssturz an Börsen

Aus Angst vor einer neuen Rezession in den USA reagierten die Börsen weltweit mit einem Kurssturz. Nachdem die Ratingagentur Standard & Poor's der Supermacht vor eineinhalb Jahren im Zuge der lähmenden Debatte über die Anhebung der Steuergrenze die Topbonität, das Triple A, entzogen hat, droht nun auch die Konkurrenz, die Kreditwürdigkeit des Landes herabzustufen: Fitch und Moody's schlugen schon vor Wochen Alarm für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen um eine Abwendung der Fiscal Cliff.

Aufgrund des Endes der Steuererleichterungen aus der Amtszeit George W. Bushs und automatischer Budgetkürzungen für den Fall eines erneuten Fehlschlags in der Schuldendebatte steuern die USA Ende des Jahres auf den finanzpolitischen Abgrund zu – auf die Fiscal Cliff, wie es US-Notenbankchef Ben Bernanke bezeichnete.

Weder die drastischen Warnungen Bernankes noch der IWF-Chefin Christine Lagarde, noch die Appelle der Topbanker Lloyd Blankfein (Goldman Sachs) und Jamie Dimon (JP Morgan Chase) haben die Parteien zu einem Einlenken bewogen. Längst haben die Superreichen ihr Vermögen im Ausland in Sicherheit gebracht und angelegt.

Zuletzt drehte sich der Konflikt zwischen Demokraten und Republikanern um eine Anhebung der Steuern für Einkommensmillionäre, die laut Umfragen eine überwiegende Mehrheit der Amerikaner gutheißt. Präsident Barack Obama plädierte zunächst für eine Steuererhöhung für Jahresgehälter ab einer Viertelmillion Dollar aufwärts: Für sie sollte wieder der Spitzensteuersatz der Ära Clinton gelten: 39,6 statt 35 Prozent. Die Republikaner stemmten sich dagegen, weil sie Steuererhöhungen prinzipiell ablehnen. Nachdem einige republikanische Senatoren dem freiwilligen Eid abgeschworen hatten, unter keinen Umständen Steuern zu erhöhen, schwenkte selbst Anti-Steuer-Lobbyist Grover Norquist um.

Boehner schlug Steuererhöhungen für Einkommen von einer Million Dollar vor, Obama steigerte sein Angebot auf 400.000 Dollar und setzte zugleich seine Offerte für Budgetkürzungen auf 800 Milliarden Dollar (für einen Zeitraum von zehn Jahren) hinauf.

Alle brachen derweil in den Weihnachtsurlaub auf – Obama nach Hawaii. In letzter Minute soll der Senat nächste Woche eine Lösung aus dem Talon zaubern, um den Absturz zu verhindern. Ein republikanischer Abgeordneter lästerte: „Bis der Schnee schmilzt, finden wir eine Lösung.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)

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