Schweiz stimmt über „Abzocker“ ab

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Dürfen Aktionäre ihrer Chefetage künftig das Gehalt kürzen? Anfang März stimmen die Eidgenossen über den Vorschlag der umstrittenen „Abzockerinitiative“ ab.

Zürich/Wien/Red./Auer. Fünf Jahre lang hat der Schweizer Kleinunternehmer Thomas Minder dafür gekämpft. Am 3.März ist es so weit: Die Eidgenossen stimmen darüber ab, ob Aktionäre die Gehälter und Boni ihrer Chefetagen künftig deckeln dürfen oder nicht. Die Chancen, dass die Schweizer für die Ideen der umstrittenen Abzockerinitiative stimmen, stehen nicht schlecht.

266-mal höheres Chefgehalt

Denn obwohl es sich der Schweizer Unternehmensverband economiesuisse fünf bis acht Mio. Franken (4,1 bis 6,6 Mio. Euro) hat kosten lassen, die Initiative des parteilosen Ständerats zu torpedieren, sprechen sich in Umfragen drei Viertel der Bevölkerung für eine Begrenzung der Managergehälter aus. Eine solche Begrenzung steht Anfang März genau genommen aber gar nicht zur Diskussion. Vielmehr fordern die Befürworter der „Abzockerinitiative“ eine starke Ausdehnung der Aktionärsrechte. So sollen die Anteilseigner etwa jährlich über die Gesamtsumme der Bezüge für das Management abstimmen dürfen. Antrittsgelder oder großzügige Abfertigungen („goldene Fallschirme“) wären untersagt. Wer die neuen Regeln nicht einhält, dem drohen bis zu drei Jahren Haft und eine Geldstrafe bis zu sechs Jahresgehältern.

Schweizer Unternehmen laufen seit Jahren gegen die Initiative Sturm. „Die Schweiz würde sich gewaltige Wettbewerbsnachteile einhandeln“, warnt Josef Ackermann, Verwaltungsratspräsident des Schweizer Versicherungskonzers Zurich. „Wir müssen talentierte Köpfe anziehen, wir haben keine Rohstoffe.“ Wenn dafür nicht mehr dieselben Mittel zur Verfügung stünden, wie in anderen Ländern, würden Talente ausbleiben.

Auf der anderen Seite steht jedoch die – teils exorbitante – Entwicklung der Vergütung für Manager in der Schweiz. Prominentestes Beispiel ist Joseph Jimenez, Chef des Pharmakonzerns Novartis. 2011 verdiente er 15,7 Millionen Franken. Das ist 266-mal mehr als sein am schlechtesten bezahlter Angestellter. Und immerhin noch fast fünfmal so viel wie der durchschnittliche Vorstandsvorsitzende eines der hundert größten, börsenotierten Unternehmen des Landes. In der Finanzbranche sank die Vergütung der Chefetage zuletzt deutlich. Dennoch zählen die Chefs der Großbanken UBS und Credit Suisse immer noch zu den Topverdienern des Landes.

Gewerkschaft: Wählt ungültig!

Unterstützt wird die Abzockerinitiative von der Sozialdemokratischen Partei, den Grünen und der evangelischen Partei (EVP). Die Freisinnigen, die Grünliberalen, die Christdemokraten und die Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP) sind klar dagegen. Die Gewerkschaften sind uneinig. Einige empfehlen, ungültig zu wählen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2013)

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