Frankreich attackiert Bankgeheimnis

Der neue französische Budgetminister Bernard Cazeneuve droht Österreich mit der „schwarzen Liste“. Die Regierung Hollande weiß, wovon sie redet: Cazeneuves   Vorgänger hatte selbst ein Geheimkonto in der Schweiz.
Der neue französische Budgetminister Bernard Cazeneuve droht Österreich mit der „schwarzen Liste“. Die Regierung Hollande weiß, wovon sie redet: Cazeneuves Vorgänger hatte selbst ein Geheimkonto in der Schweiz.(c) Reuters (CHARLES PLATIAU)
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Frankreichs neuer Budgetminister Bernard Cazeneuve, dessen Vorgänger wegen eines geheimen Kontos in der Schweiz zurücktreten musste, droht Österreich mit "schwarzer Liste der nicht kooperierenden Länder".

Wien/Berlin/Paris/Red. Der Druck auf Österreich, dem in der EU bereits üblichen grenzüberschreitenden Austausch von Bankdaten zuzustimmen, wächst stark an: Am Donnerstag hat der französische Budgetminister Bernard Cazeneuve in einem Radiointerview eine Breitseite gegen Wien abgefeuert und gemeint, Österreich riskiere es, auf die schwarze Liste der „nicht kooperierenden“ Länder gesetzt zu werden, falls es dem automatischen Informationsaustausch nicht zustimme.

Geheime Ministerkonten

Ein bisschen pikant ist das allerdings: Cazeneuve ist erst seit wenigen Tagen im Amt. Er verdankt seinen Posten dem Rücktritt seines Vorgängers Jérôme Cahuzac, der sein Amt wegen eines verschwiegenen Kontos in der Schweiz zur Verfügung stellen musste. Die französische Justiz ermittelt gerade, ob es sich beim Ministerkonto um ein Schwarzgeldkonto handelt. Das Konto ist unterdessen übrigens in die (noch) verschwiegenere Steueroase Singapur weitertransferiert worden.

Cazeneuve meinte jedenfalls, es sei „nicht normal“, dass Länder wie Österreich Informationen über EU-Bürger nicht weitergeben. Österreich sei das letzte EU-Land, das sich weigere, Konzessionen in Bezug auf sein Bankgeheimnis zu machen. Wie berichtet hat Luxemburg dem automatischen Datenaustausch ab 2015 zugestimmt.

Die „schwarze Liste“ der Franzosen existiert seit 2010 und enthielt bisher überwiegend Länder, die mit Paris kein Steuerabkommen unterzeichnet hatten. Derzeit stehen die Länder Botswana, Montserrat, Brunei, Nauru, Guatemala, Niue, die Marshallinseln und die Philippinen auf der Liste.

Deutschland, Frankreich, Spanien, Großbritannien und Italien haben die EU-Kommission unterdessen aufgefordert, für eine Gesetzgebung nach dem Vorbild der amerikanischen Fatca-Bestimmungen zu sorgen. Fatca ermöglicht es den US-Behörden, Informationen über alle Bankguthaben, Finanztransaktionen und Einkünfte amerikanischer Steuerpflichtiger im Ausland zu erhalten.

Großbritannien hat am Donnerstag „begrüßt“, dass Österreich so wie Luxemburg nun einen automatischen Datenaustausch in Erwägung zieht. Dabei hatte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) in einem Interview mit der „Presse“ London heftig attackiert. Die Ministerin hatte unter anderem gemeint, Großbritannien solle endlich seine zur Geldwäsche missbrauchten Steueroasen trockenlegen. Zum Einflussbereich des britischen Königreichs gehören etwa die Steuerparadiese Jersey, Guernsey, Isle of Man, Gibraltar, Cayman, British Virgin Islands und Bermuda.

Die ÖVP legte am Donnerstag noch nach: Finanzsprecher Günter Stummvoll meinte, die Haltung Großbritanniens, von Österreich den Fall des Bankgeheimnisses zu verlangen und selbst mit der Zulassung von Scheinkonstruktionen dubiose Finanzströme anzuziehen, sei „,mehr als bigott“. Nicht Österreich sei das Problem im internationalen System der Geldwäsche und des Steuerbetrugs, sondern Großbritannien und sein System der anonymen Trusts in seinen Steuerparadiesen.

Aus britischen Regierungskreisen verlautete, Die Regierung in London sei entschlossen, die Steuerflucht auf internationaler Ebene zu bekämpfen und werde dazu auch ihre G 8-Präsidentschaft nutzen. Mit Guernsey, Jersey und der Isle of Man gebe es bereits Vereinbarungen zum automatischen Austausch von Steuerdaten, mit den Überseegebieten versuche man, ähnliche Vereinbarungen zu treffen.

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach Luxemburg am Donnerstag seinen „Respekt“ für die Lockerung des Bankgeheimnisses aus und meinte, „auch in Österreich ist etwas in Bewegung gekommen“. Das zeige, dass sich Beharrlichkeit und Verhandlungsbereitschaft lohnen.

Die deutschen Finanzbeamten verwahren sich unterdessen gegen Berichte, wonach in Deutschland „gläserne Konten“ geschaffen worden seien: Formlos sei nur die Auskunft zu erhalten, ob der Betreffende überhaupt ein Konto unterhalte oder nicht. Echten Zugriff gebe es, wie in Österreich, erst nach einem richterlichen Beschluss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2013)

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