Goldpreis macht auch Zentralbanken „ärmer“

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Goldpreis (c) REUTERS (ARND WIEGMANN)
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Die Notenbanken halten 19 Prozent allen Goldes. Der Preisrückgang drückt auf ihre Bilanzen, zumindest auf die der „modernen“ Zentralbanken. Die asiatischen Länder dürften die Gelegenheit zum Nachkauf nutzen.

Wien. Nach dem großen Einbruch des Goldpreises am Freitag vergangener Woche sowie am Montag (von 1560 auf 1340 Dollar), stehen auch die internationalen Zentralbanken „ärmer“ da. Der Rückgang im Preis des Edelmetalls schmälerte den Wert ihrer Goldreserven um die erkleckliche Summe von rund 560 Mrd. Dollar (426 Mrd. Euro). Die Währungshüter halten genau 31.694,8 Tonnen physisches Gold als Teil ihrer Reserven (siehe Grafik). Laut dem in London ansässigen World Gold Council sind das rund 19 Prozent aller Goldbestände. (Das WGC schätzt, dass rund 171.000 Tonnen Gold existieren.)

Der Gesamtwert der Zentralbankreserven ist wegen des sinkenden Goldpreises zuletzt auf 1,4 Billionen Dollar geschrumpft – nach einem Hoch von fast zwei Billionen. Der Goldpreis hatte nach einem zwölfjährigen Bullenmarkt seinen (bisherigen) Höhepunkt im September 2011 bei 1923 Dollar pro Unze erreicht und ist seither um 29Prozent zurückgegangen. Alleine am vergangenen Montag „schrumpfte“ die Marktkapitalisierung des Goldmarktes von 8,3 Billionen auf 7,5 Billionen Dollar.

Goldpreis
Goldpreis(C) DiePresse

Zentralbanken sind auf Käuferseite

Einer der Gründe für den Preisrückgang waren Berichte, Zypern könnte einen Teil seiner 13,9 Tonnen Gold verkaufen – um rund 400 Mio. Euro für das eigene Rettungspaket aufzustocken. Noch gibt es aber keinen offiziellen Beschluss zu diesem Goldverkauf. Die zyprische Regierung und die Zentralbank streiten offen über das Thema – die Zentralbank sieht ihre Unabhängigkeit bedroht. Finanzminister Haris Georgiades sagte am Mittwoch dennoch, dass er von einem Goldverkauf „in den nächsten Monaten“ ausgeht. Dass der Markt auf diese Meldung nervös reagierte, ist kein Wunder: Zentralbankverkäufe haben in der Vergangenheit negativ auf den Preis gewirkt. Aber seit der Krise 2008 haben sich die Zeiten geändert.

Die Zentralbanken kaufen netto wieder Gold zu – das heißt, sie entziehen dem Markt mehr Gold, als sie ihm zufügen. Treiber dieser Entwicklung sind vor allem China und Russland – aber auch kleinere Länder wie Sri Lanka, das auch jetzt wieder Zukäufe zu den „günstigen“ Preisen angekündigt hat.

Sollte Zypern rund zehn seiner knapp 14 Tonnen Gold verkaufen, würde dieses Gold nie „auf dem Markt“ landen – sondern am ehesten direkt nach Asien verkauft werden. Und zwar zu einem Preis, der der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben wird. Die europäischen Zentralbanken haben schon 1999 – kurz vor Einführung des Euro – vereinbart, ihre Goldverkäufe und Goldleasing-Geschäfte zu drosseln und später ganz auslaufen zu lassen. Diese „Central Bank Gold Agreements“ beschränken das Gesamtvolumen der jährlichen Verkäufe auf 400 Tonnen europaweit – eine Summe, die zuletzt nicht mehr erreicht wurde.

Der Euroraum verfügt gemeinsam über rund 10.000 Tonnen Gold und damit über die größten Goldreserven überhaupt. Die USA liegen mit 8000 Tonnen auf Platz zwei, Deutschland alleine mit rund 3400 Tonnen auf Platz drei. Österreich besitzt 280 Tonnen – was mehr als die Hälfte der Währungsreserven ausmacht. Die Euro-Problemstaaten Portugal und Griechenland verfügen ebenfalls über relativ große Goldreserven, weshalb das zyprische Beispiel, Gold zur Tilgung von Schulden einzusetzen, Schule machen könnte. Wie bei Zypern würden Goldverkäufe aber zwischen Zentralbanken abgewickelt werden und hätten höchstens eine psychologische Wirkung auf den Goldmarkt an sich. Weiters unklar ist, ob überhaupt echte „Verkäufe“ zu erwarten sind oder die Zentralbanken das Gold lediglich als Pfand für frische Kredite einsetzen.

Der Goldpreis ist für die EZB, das Eurosystem sowie ähnlich „modern“ gestaltete Zentralbanken von akuter Relevanz, weil sie ihre Goldreserven viermal pro Jahr nach Marktwert bewerten. Eine Praxis, die auch von den aufstrebenden Wirtschaftsmächten der BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) sowie der Schweiz, Norwegen, den Nicht-Eurostaaten der EU, Kasachstan, den Philippinen und Australien übernommen wurde – nicht aber von Großbritannien und den USA, die mit dem US-Dollar die Weltreservewährung drucken.

Euro und BRICS „moderner“ als Dollar

In der Bilanz der US-Zentralbank Federal Reserve wird Gold seit dem Ende der Goldkonvertibilität des Dollars 1971 mit 42 Dollar pro Unze geführt – dem letzten „offiziellen“ Goldpreis vor dem Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods vor 42 Jahren. Es ist unbekannt, ob und wann die Fed diesen Umstand ändern will und sich dem „neuen“ System anschließt.

Das World Gold Council geht davon aus, dass die Kauftätigkeit der Zentralbanken weiter zunehmen wird. „Das ist – aus der richtigen Perspektive betrachtet – die Rückkehr zum Normalzustand“, sagte George Milling-Stanley, Ex-Direktor für Government Affairs vor zwei Jahren dem internen Journal der Zentralbanken. Denn: Im Jahr 1845 gab es gerade einmal zwei Notenbanken mit Goldreserven: die Bank of England und die Bank of France. Die hielten damals gemeinsam 85 Tonnen. Im Jahr 1968 hielten 120 Zentralbanken gemeinsam fast 40.000 Tonnen Gold.

Dann folgten 20 Jahre Hin und Her und 20 Jahre, in denen die Zentralbanken Verkäufer waren. Nach 2008 drehte sich die Lage, und die Zentralbanken kaufen wieder zu. Allen voran China, das nur einen winzigen Bruchteil seiner Reserven in Gold hält – aber unbedingt aufstocken will. Das Land ist zwar inzwischen der größte Goldproduzent der Welt – aber keine Unze verlässt das Land –, und die Regierung hat ein Vorkaufsrecht auf die Minenproduktion. Zusätzlich wird via Hongkong noch Gold importiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2013)

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