»Wenn ich auspacke, müssen die Priester den Petersdom verkaufen«

Geheime Konten, Geldwäsche für die Mafia, Korruption und ein vergifteter Espresso. Die Geschichte der Vatikanbank reicht bis ins 19.Jahrhundert zurück. Für Skandale und Kriminalfälle sorgten die »Banker Gottes« seit jeher. Wer zu viel wusste, lebte mitunter kürzer als gedacht.

Petrus hatte kein Konto auf der Bank!“, ließ Papst Franziskus die Gläubigen und Ungläubigen vor wenigen Tagen wissen. Es war an der Zeit, ein wenig auf Distanz zum schnöden Mammon zu gehen. Denn Franziskus selbst hat, wie all seine Vorgänger seit 126 Jahren, nicht nur ein Bankkonto. Er hat sogar eine eigene Bank. Und eine skandalumwitterte noch dazu.

Geheime Konten, illegale Parteienfinanzierung, Geldwäsche, Mafia und Korruption. Das Institut für religiöse Werke (IOR), besser bekannt unter dem Namen Vatikanbank, ist seit seiner Gründung eine Legende. Verborgen hinter den teils neun Meter dicken Mauern des Turms Nikolaus V. im Vatikan gilt die Bank als eines der undurchsichtigsten und gefährlichsten Finanzinstitute der Welt. Wer zu viel über das Innenleben des IOR wusste, lebte in den vergangenen Jahrzehnten oft recht unsicher.

Seinen größten Skandal erlebte die Vatikanbank in den 1980er-Jahren. Damals wurde bekannt, dass die beiden italienischen Bankiers Roberto Calvi und Michele Sindona jahrelang Mafiagelder über Konten des IOR gewaschen hatten, das nicht unter der Kontrolle der italienischen Bankaufsicht steht. Als Komplize hatten sich die beiden niemand Geringeren als Erzbischof Paul Marcinkus, den damaligen Chef der Vatikanbank selbst, geangelt.

Als Roberto Calvis Institut, die Banco Ambrosiano, Anfang der Achtziger in finanzielle Schwierigkeiten geriet, ging dieser in die Offensive: „Wenn ich auspacke, müssen die Priester den Petersdom verkaufen“, drohte er damals unverhohlen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Wenig später fand man den „Banker Gottes“ von einer Brücke baumelnd in London. Noch am selben Tag nahm sich seine Sekretärin in Mailand das Leben. Sein Komplize Michele Sindona wurde 1986 zu lebenslanger Haft verurteilt. Auch er drohte damit, auszupacken. 48 Stunden nach dem Richterspruch starb Sindona im Gefängnis an einem mit Zyankali vergifteten Espresso. Vatikanbank-Chef Paul Marcinkus blieb unterdessen verschont. Er flüchtete sich hinter die vatikanischen Mauern, wo Johannes PaulII. seine Auslieferung an die italienische Justiz jahrelang verhinderte. Später konnte sich der Geistliche, dem auch eine Reihe anderer dubioser Geschäfte nachgesagt wurden, unbehelligt in die USA absetzen.


Papst mistet aus. Die Wurzeln der Vatikanbank reichen bis ins 19.Jahrhundert zurück. 1887 gründete Papst LeoXIII. die „Kommission für fromme Zwecke“. Erst 1942 wurde sie als Istituto per le Opere di Religione zu einem eigenständigen Geldhaus mit der Aufgabe, die Vermögensverwaltung für Kleriker, Klöster, Diözesen und Orden weltweit zu übernehmen. Gerade einmal 19.000 Menschen besitzen ein Konto bei der Vatikanbank, die zuletzt 86,6 Millionen Euro Gewinn in die Taschen des Vatikan gespült hat.

Heute steht das Institut wieder in den Schlagzeilen. Seit 2010 ermittelt die italienische Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Geldwäsche. Anders als in den 1980er-Jahren begann der Papst diesmal tatsächlich, in „seiner“ Bank auszumisten. Vor wenigen Tagen trat die Spitze der Vatikanbank geschlossen zurück. Mit René Brülhart (siehe Interview) wurde ein Außenstehender zum Finanzaufseher des Vatikans berufen. Er soll den jahrzehntealten Sumpf trockenlegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2013)

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