Ökostrom fördern, aber richtig

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Europa gibt zu viel Geld für den Ausbau von Ökostrom aus und zu wenig für dessen Entwicklung, so eine Studie. Das sei nicht mehr als ein „unkoordinierter Schuss ins Dunkel“.

Wien. Die Situation ist verfahren. Spätestens seit die EU-Kommission angekündigt hat, den Ausbau von Ökostrom nicht mehr verbindlich vorschreiben zu wollen, ist der Konflikt zwischen Gegnern und Befürwortern der Energiewende eskaliert. Der staatlich verordnete Boom von Wind- und Solarkraftanlagen koste die Steuerzahler Unsummen und bringe wenig, argumentieren die Gegner. Stimmt nicht, kontert die andere Seite. Atomkraft und fossile Energieträger bekämen selbst deutlich mehr Subventionen, nur eben versteckt. Wer gegen bindende Erneuerbaren-Ziele bis 2030 ist, kann nur ein Verhinderer sein, der den eigenen Kindern die gute Luft von morgen wegatmen würde, wenn es heute billiger wäre.

Es musste erst die Brüsseler Ideenschmiede Bruegel kommen, um abseits der ideologischen Grabenkämpfe wieder einen nüchternen Blick auf die Kernfrage zu werfen: Wie können Staaten den langfristig sinnvollen Umbau des Energiesystems hin zu erneuerbaren Energiequellen am besten unterstützen? Und wo steht Europa mit seinen bisherigen Bemühungen?

Forschung bekommt fast kein Geld

Das Ergebnis ist ernüchternd: Die Länder Europas geben viel Geld für Ökostromförderungen aus, aber sie fördern an der falschen Stelle. Die Autoren unterscheiden dabei zwischen Steuergeld, das in Forschung und Entwicklung von neuen Energiequellen fließt, und Steuergeld, mit dem der Ausbau der vorhandenen Wind- und Solarkraftwerke angekurbelt werden soll. Darunter fällt das geforderte EU-Ausbauziel für Erneuerbare ebenso wie die staatlich garantierten Einspeisetarife, die Betreiber von Ökostromanlagen erhalten.

Beides in einer ausgewogenen Kombination sei mit Abstand am sinnvollsten, argumentieren die Autoren. Doch die Förderpolitik der EU sieht anders aus: Im Jahr 2010 haben die fünf größten EU-Staaten 48 Milliarden Euro dafür ausgegeben, dass so viele Windräder und Solaranlagen wie möglich installiert werden konnten. In Forschung und Entwicklung von besseren, möglicherweise sogar wettbewerbsfähigen Ökostromanlagen investierten sie hingegen nur 318 Millionen Euro. Das sind gerade einmal 0,6 Prozent der gesamten Fördersumme.

Innovationsziel statt Ausbauziel

Diese Schieflage hat schwerwiegende Folgen, so die Studie. Einer davon ist der Mangel an Patenten in diesen Bereichen. Demnach hätte ein stärkerer Fokus auf Forschungsförderung Deutschland von 2000 bis 2009 rund 122 Prozent mehr Patente in der Windenergie gebracht. Ausbauförderung stütze hingegen oft vor allem die Industrie, bringe die Technologie aber langsamer voran.

Um die Energiewende zu schaffen, reiche es nicht aus, im Akkord die gerade billigsten Solar- und Windkraftwerke zu bauen, schreiben sie. Ein System aus Solaranlagen und Stromspeicher in Deutschland sei noch zehnmal so teuer wie ein Braunkohlekraftwerk. Die Förderungen heute seien nur „ein unkoordinierter Schuss ins Dunkle“. Europa brauche ein Erneuerbaren-Ziel. Aber keines, das vorgibt, wie viele „grüne“ Kraftwerke es 2030 geben muss, sondern ein Innovationsziel, das vorgibt, wie gut und wie günstig Ökostrom dann sein muss, um die Energiewende realistisch und leistbar zu machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2014)

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