Pflanzenschutz-Mittel: Pestizid-Verbot setzt Chemie-Riesen zu

(c) BilderBox (Erwin Wodicka)
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Das Europäische Parlament hat am Dienstag 22 hochgiftige Pestizide auf eine „schwarze Liste“ gesetzt. BASF, Bayer & Co. dürften nun vermehrt außereuropäische Märkte ansteuern.

Brüssel. Wer einen frischen Salat oder eine Paprika kauft, denkt kaum an Stoffe wie Imidacloprid oder Clothianidin: nur zwei von rund 500 Pestiziden, die heute in der Landwirtschaft verwendet werden. Und doch landet pro Jahr im Schnitt ein halbes Kilo dieser Stoffe auf dem Teller jedes EU-Bürgers. Dem hat das Europäische Parlament nun einen Riegel vorgeschoben und am Dienstag 22 hochgiftige Pestizide auf eine „schwarze Liste“ gesetzt. Die verschärften Bestimmungen treten ab Frühjahr 2011 in Kraft.

Verbraucherschützer jubeln: Hiltrud Breyer, Grünen-Politikerin und als Mitglied des EU-Parlaments an der Ratifizierung beteiligt, spricht von einer „Sternstunde für Europa“ und von einem „großen Schritt für den Schutz der Umwelt“. Ganz anders die Vertreter der Landwirtschaft und der Chemieindustrie: In seltener Einmütigkeit haben Interessensvertreter im Vorfeld einen erbitterten Krieg gegen die Novelle geführt. Der Nachschub am Nahrungsmitteln könnte bald akut gefährdet sein, hieß es. Der Verband britischer Fruchterzeuger sieht gar eine Gefahr auf Europa zukommen, die mit der irischen Hungersnot 1845 vergleichbar ist – für Befürworter der Regelung vollkommen überzogene Horrorszenarien.

Größter Gewinntreiber betroffen

Berechtigten Grund zur Sorge haben einige Industriekonzerne. Deutsche Chemieriesen wie Bayer oder BASF gehören zu den Weltmarktführern im Bereich der Agrochemie. Ein großer Bereich der Konzernaktivität ist auf die Forschung und Herstellung von Pflanzenschutzmitteln ausgerichtet – und dieser Bereich boomt: 5,8 Mrd. Euro konnte Bayer 2007 im Bereich „CropScience“ (Pestizide und Saatgut) weltweit umsetzen – ein Sechstel der gesamten Erlöse.

Die Sparte gehörte im Vorjahr für den Leverkusener Konzern (wie auch für BASF) zu den stärksten Gewinntreibern. Im Doppelpack mit den Pestiziden verkauft Bayer auch gentechnisch verändertes Saatgut, das gegen diese Stoffe resistent ist.

Die neue EU-Regelung könnte diese Strategie empfindlich stören: Auf der Verbotsliste steht auch der Wirkstoff der Pestizide „Basta“ und „Liberty“, mit denen allein Bayer jährlich 241 Mio. Euro umsetzt. Greift das Verbot, wäre die Entwicklung des entsprechenden Saatguts umsonst – zumindest für Europa. Bayer bekräftigte am Montag dennoch, im Bereich CropScience auch 2009 eine operative Rendite von 25 Prozent erreichen zu wollen.

„Ein Totalverbot von ,Basta‘ und ,Liberty‘ würde Bayer treffen – aber nicht mit voller Wucht“, erklärt Christian Faitz, Analyst bei Sal Oppenheim: Im Bereich der Pestizide werde sich der Konzern auf andere Märkte konzentrieren. Denn nicht überall werden hochgiftige Pestizide verboten. Faitz: „Die US-Behörden etwa haben mit ,Basta‘ und ,Liberty‘ kein Problem.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2009)

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