Frankreich: Verärgerte Arbeiter nahmen Sony-Manager als Geisel

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Symbolbild Sony(c) AP (Shizuo Kambayashi)
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Ein Sony-Werk in der Nähe von Bordeaux wird Mitte April geschlossen. Die Arbeiter verlangten bessere Abfertigungen und blockierten die Zufahrt zur Fabrik mit Baumstämmen.

Wütende Arbeiter des Elektronikkonzerns Sony haben in Südfrankreich mit harten Bandagen um höhere Abfindungen gekämpft. Sie nahmen kurzerhand Sony-France-Chef Serge Foucher gefangen und hielten ihn die Nacht zum Freitag in dem Magnetbandwerk in Pontonx-sur-l'Adour fest. Die Aktion zeigte Wirkung: Sony setzte sich wieder an den Verhandlungstisch.

Foucher war am Donnerstagabend nach Pontonx gekommen, um die Beschäftigten des seit 1984 bestehenden Werkes vor der Schließung im April ein letztes Mal zu treffen. Gegen seinen Willen wurden er und sein Personalchef darauf am Verlassen der Fabrik gehindert. Die Arbeiter verbarrikadierten die Eingänge mit Baumstämmen. Erst nachdem Foucher neue Verhandlungen zugesagt hatte, entließen sie ihn am Vormittag aus ihrer Gewalt. "Ich bin froh, wieder frei zu sein und das Tageslicht zu sehen", sagte Foucher. Unternehmen und Gewerkschaften begannen darauf unter Vermittlung der Behörden Schlichtungsgespräche.

"War unsere letzte Chance"

"Wir verlangen nicht die Welt, nur dass wir auf dieselbe Weise abgefunden werden wie andere Beschäftigte von Sony France, die gekündigt worden sind", sagte der Vertreter der Gewerkschaft CGT, Patrick Hachaguer. Den Mitarbeitern des Werkes für Videobänder seien nur "Rabatt-Abfindungen" angeboten worden. Das Einsperren des Sony-Chefs sei "unsere letzte Chance" gewesen, sagte die 50-jährige Werksbeschäftigte Chantal Omiciuolo. "Wir hatten keine Wahl."

Die oppositionellen Sozialisten zeigten Verständnis für das Vorgehen der Sony-Arbeiter. "Es ist nicht erstaunlich, dass die Beschäftigten das Gefühl haben, nur noch auf sich selbst zählen zu können", sagte der sozialistische Präsident des Regionalrates im Département Landes, Henri Emmanuelli. Sony habe nach der Ankündigung der Werksschließung im Dezember seine Angebote an die Mitarbeiter immer weiter zurückgenommen. Emmanuelli grifft auch die konservative Regierung in Paris an, die nichts gegen solches Verhalten von Firmen unternehme. Was Frankreichs Industrie angehe, gebe es "keinen Piloten mehr im Flugzeug", sagte er.

In der Sony-Fabrik bei Bordeaux sind 311 Arbeiter beschäftigt. Sony wollte in der Fabrik zunächst statt Magnet-Bauteilen Sonnenkollektoren herstellen lassen, ließ den Plan dann aber fallen - zum Ärger der Belegschaft, die auf einen Erhalt ihrer Arbeitsplätze gehofft hatte.

Conti-Manager mit Eiern beworfen

Erst am Vortag hatte der deutsche Reifenkonzern Conti die Wut von Arbeitern zu spüren bekommen, war aber vergleichsweise glimpflich davongekommen. Die französischen Arbeiter hatten Conti-Manager beschimpft und mit Eiern beworfen. Conti plant in Frankreich die Schließung des Werks Clairoix mit gut 1.100 Beschäftigten.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel kündigte nach einem deutsch-französischen Regierungstreffen an, die Regierung werde sich die Schließung des Werks anschauen. "Wir werden noch einmal mit dem Unternehmen sprechen, ob es Zusagen gegeben hat, die eventuell nicht eingehalten worden sind", sagte Merkel. In Frankreich kocht der Zorn hoch, weil die weltweite Wirtschaftskrise eine Welle von Fabrikschließungen und Massenentlassungen ausgelöst hat.

(Ag.)

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