Deutschland soll Griechenland elf Milliarden Euro schulden

Besatzung im Zweiten Weltkrieg
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Einem Rechnungshofbericht zufolge schulden die Deutschen Athen noch Geld aus dem Zweiten Weltkrieg. Es geht um einen Zwangskredit in Höhe von 476 Millionen Reichsmark.

Schuldet Deutschland den Griechen noch elf Milliarden Euro aus dem Zweiten Weltkrieg? Ein vertraulichen Bericht des griechischen Rechnungshofs, aus dem die Athener Zeitung "To Vima" zitiert, sorgt derzeit für Aufregung. Der Bericht soll bereits der Regierung vorliegen. Darin geht es um einen Zwangskredit in Höhe von 476 Millionen Reichsmark, der im Jahr 1942 der Deutschen Reichsbank gewährt worden war, um die Besatzungskosten zu decken. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass Geld von Griechenland nach Deutschland floss: Wie "DiePresse.com" berichtete, war Deutschland nach zwei Weltkriegen im Jahr 1953 schwer verschuldet. Zu den Gläubigern Deutschlands zählte damals auch Griechenland: 22 Länder erließen den Deutschen die Hälfte ihrer Auslandsschulden – und ermöglichten durch das sogenannte "Londoner Schuldenabkommen" ein schnelles deutsches Wirtschaftswunder.

Die griechische Regierung hatte bereits im Frühjahr eine Sonderkommission gebildet, die mögliche Forderungen aus dem Zweiten Weltkrieg konkretisieren sollte.

Der Rechnungshofbericht basiert auf "sehr vorsichtigen" Schätzungen, heißt es in griechischen Medien. Der Zwangskredit müsse unabhängig von Reperationsforderungen betrachtet werden und gilt laut einem Bericht von "Spiegel.de" unter Wirtschaftshistorikern als möglicherweise berechtigte Forderung. Die Rückzahlung sollte eigentlich nach Kriegsende beginnen.

Besatzung um Zweiten Weltkrieg

Griechenland wurde nach einem gescheiterten Angriff Italiens im Jahr 1941 von der deutschen Wehrmacht besetzt. Schon bald brach das Land durch die Ausbeutung der Rohstoffe wirtschaftlich zusammen, die Griechen hungerten.
Für griechische Juden wurde 1942 Zwangsarbeit eingeführt, der Endlösung fielen rund 80.000 Menschen zum Opfer. Fast genauso viele Menschen starbem im Partisanenkrieg.

Neuer Schuldenschnitt?

Längst haben sich die Verhältnisse umgedreht: Das finanziell massiv angeschlagene Griechenland erhielt in den vergangenen Jahren von den EU-Ländern und Weltwährungsfonds IWF rund 240 Milliarden Euro an Notkrediten. Damit ist Griechenland aber wohl immer noch nicht gerettet: "Ein Schuldenschnitt in Griechenland ist unausweichlich, weil das Land sonst mit seiner Schuldenlast nicht fertig wird", zitiert die Tageszeitung „Die Welt“ gut informierte EU-Kreisen. Als Größenordnung für den Schuldenschnitt werde "ein Drittel bis die Hälfte der Staatsschulden" genannt. Die Gesamtschuld Griechenlands liege derzeit bei rund 320 Milliarden Euro. Davon befänden sich 80 Prozent in der Hand öffentlicher Gläubiger.

Linke will mit EU neu verhandeln

In Griechenland wird am 25. Jänner ein neues Parlament gewählt. Der Ausgang der Wahlen wird auch in Brüssel mit Hochspannung erwartet. Denn in den Umfragen führt das oppositionelle Linksbündnis Syriza unter Alexis Tsipras, das Sparpaket mit EU-Ländern und dem Weltwährungsfonds IWF neu verhandeln will. Einen Ausstieg aus der Eurozone schließt Tsipras dagegen aus. "Es ist in jeder Hinsicht klar, dass sich die Frage nach einem Ausstieg Griechenlands aus dem Euro nicht stellt", sagte er in einem Interview. Zum Höhepunkt der Schuldenkrise 2012 sei "dieser Alarmismus" gerechtfertigt gewesen, doch inzwischen habe sich "das Klima vollkommen verändert".

>>> Bericht auf "Spiegel.de"

>>> Bericht auf "Welt.de"

(sk/APA)

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