Schäuble: Deutsche Schulden drohen auf 220 Prozent zu steigen

German Finance Minister Wolfgang Schaeuble takes part in a European Union finance ministers meeting in Brussels
German Finance Minister Wolfgang Schaeuble takes part in a European Union finance ministers meeting in BrusselsREUTERS
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Das deutsche Finanzministerium ist nicht besonders optimistisch, was die Staatsverschuldung angeht. Langfristig drohen griechische Verhältnisse.

Die deutschen Staatsfinanzen drohen nach Analysen von Finanzminister Wolfgang Schäuble langfristig aus dem Ruder zu laufen, wie der turnusmäßige Tragfähigkeitsbericht zeigt. Schuld daran ist der demografische Wandel. Der Schuldenstand des deutschen Staates würde nur dann dauerhaft in der Nähe der Maastricht-Grenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung bleiben, wenn sich Faktoren wie die Geburtenrate ausgesprochen günstig entwickeln, zitiert die "Welt" vorab aus dem Bericht.

In einem weniger günstigen Szenario, das Schäubles Experten ebenfalls durchgerechnet haben, würde der Schuldenstand bis zum Jahr 2060 "kontinuierlich auf rund 220 Prozent" des Bruttoinlandsproduktes steigen. Das ist mehr als die aktuellen Schuldenquote Griechenlands und fast das Dreifache der gegenwärtigen Verschuldung Deutschlands. Derzeit beträgt der Schuldenstand gut 70 Prozent des BIP. In Österreich liegt er bereits über 80 Prozent.

Jährlich sieben Milliarden Euro einsparen

Der deutsche Staat müsste ab 2016 jährlich mindestens sieben Milliarden Euro einsparen oder zusätzlich einnehmen, um eine Haushaltslücke zu vermeiden. Dieser Anpassungsbedarf bezieht sich wohlgemerkt auf das günstigste Szenario. Im ungünstigsten Fall müssten pro Jahr dagegen von 2016 bis 2020 jeweils rund 23 Milliarden eingespart werden.

Für die Zukunft gebe es "erhebliche Tragfähigkeitsrisiken", zitiert die "Welt" aus dem Bericht. Ohne ein Gegensteuern wachse die Gefahr, dass die demografische Alterung zu "einer nicht tragfähigen Schuldenentwicklung führt und damit den Handlungsspielraum des Staates einschränkt". Das deutsche Finanzministerium wollte die Angaben unter Hinweis auf die noch ausstehende Kabinettsberatung zunächst nicht kommentieren. Die Analyse aus dem Hause Schäuble soll am Mittwoch dem Bundeskabinett vorgelegt werden.

2016 fehlen bis zu 119 Milliarden

In ihrem Tragfähigkeitsbericht rechnen die Experten des Finanzministeriums in regelmäßigen Abständen verschiedene Szenarien durch, die für die Staatsfinanzen maßgebend sind - wie etwa die Wirtschafts-, die demografische und aktuell auch die Flüchtlingsentwicklung. Sie schätzten dabei die Folgen für die Pensionslasten und die Sozialkassen ab. Am Ende steht eine Bewertung, ob die öffentlichen Finanzen tragfähig sind.

2016 fehlen nach Berechnungen der Experten im pessimistischen Szenario 119 Milliarden Euro in den Staatskassen, das entspricht einer Lücke von 3,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Im günstigsten Fall seien es 37 Milliarden Euro oder 1,2 Prozent.

Der deutsche Finanzminister Schäuble sieht sich derzeit vonseiten seiner Ministerkollegen mit immer neuen Ausgabenwünschen konfrontiert. Arbeitsministerin Andrea Nahles hatte gerade erst knapp eine halbe Milliarde Euro mehr gefordert. Bauministerin Barbara Hendricks will zur Bewältigung des Flüchtlingszustroms jährlich zusätzlich 1,3 Milliarde Euro für Wohnungsbau und Stadtentwicklung.

>>> Bericht auf "Welt.de"

(APA/Red.)

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