Roboter verwalten kleine Vermögen wie für die Großen

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Fintech. Online-Anlageberater boomen, aber die Konzepte sind sehr verschieden. Scalable Capital handeln selbst und optimieren laufend.

Wien. Florian Prucker gewinnt seine Kunden aus dem Internet. Aber der Mitgründer von Scalable Capital kennt seine Klientel: Da sind Studenten und Berufsanfänger, die sich monatlich ein wenig zur Seite legen. Aber auch gut situierte Primarärzte und Unternehmer, die sich über hohe Kosten ihrer Anlageberater und Mischfonds ärgern und einmal eine einfache, günstige Alternative probieren wollen. Sie alle haben da etwas gehört: dass teure Fondsmanager, die mit ihrer aktiven Anlagestrategie eine Benchmark schlagen wollen, im Schnitt keine besseren Ergebnisse liefern als schlichte Indexfonds (ETF), die nur passiv die Entwicklung von DAX, Dow Jones oder einem Anleihemarkt nachbilden.

Wozu also als Private-Banking-Kunde bis zu drei Prozent des Kapitals zahlen, wenn es ein Zehntel davon auch tut? Zumal so manche Privatbank ihre Pforten für weniger als eine Million ohnehin nicht mehr öffnet. Freilich: Auch bei den ETFs wollen viele nicht auf ein einziges Pferd setzen. Wer ganz langfristig denkt, mag mit einem ETF auf den Weltaktienindex bestens fahren. Wer aber zwischendurch Geld brauchen könnte und seine Nerven schonen will, denkt an ein breit gestreutes, zur Risikoneigung passendes Portfolio. Hier setzen die Online-Vermögensverwalter an, die eine große Zahl kleinerer Anlagen mithilfe von Computern und Algorithmen steuern. Robo-Adviser war anfangs ein Schmähwort. In den USA, wo Wealthfront und Betterment die Idee vor fünf Jahren zum Laufen brachten. Nun schwappt der Trend über den Atlantik. In Deutschland gibt es rund zehn Anbieter. Scalable Capital aus München startete im Jänner, auch in Großbritannien. Seit Juli sind die vier früheren Goldman-Sachs-Banker auch in Österreich präsent. Dass sie echten Verwaltern am nächsten kommen, zeigt ein Blick auf die anderen.

Makler oder Treuhänder?

Die simpelste Variante: Man lässt sich im Internet beraten und investiert dann selbst. Das bietet JustETF.com. Die meisten Robos aber legen für ihre Kunden an. Das kostet. Die Faustregel: Zu 0,3 Prozent für die ETFs kommen im Schnitt 0,7 Prozent Verwaltungskosten, also in Summe rund ein Prozent. Aber die meisten Anbieter machen nichts anderes, als in ein Musterportfolio zu investieren und es dabei zu belassen. Bis auf ein Rebalancing, das meist nur einmal pro Jahr auf die vereinbarte Aufteilung auf Anlageklassen zurückjustiert.

Grafik "Die Presse"

Selbst dazu brauchen die meisten einen Auftrag vom Kunden, zu dem sie ihn per Pop-up am Smartphone auffordern. Denn sie sind nur Makler, die den Auftrag weiterleiten. Erst drei haben das, was in den USA Standard ist: eine Lizenz als treuhänderische Verwalter, die laufend selbst handeln können. Da ist Quirion, die an die Quirin-Bank angeschlossen und damit nicht unabhängig sind. Weiters Whitebox, die auf Empfehlungen von Morningstar in London vertrauen. Anders als Scalabale Capital. Hier kocht das Team selbst: Neben 22 Programmierern tüfteln sechs Experten am Risikomanagement, darunter ein Professor der LMU München.

Denn das Credo der „Goldmänner“ ist: Erträge lassen sich kaum voraussehen, das sich ändernde Risiko schon. Genau haben sie beobachtet, wie die Ausschläge auf den Aktienmärkten seit Mitte 2015 zunahmen. Deshalb steuerten sie defensiv in Anleihen. „In den Tagen nach dem Brexit-Votum hat kein Kunde Geld verloren“, erzählt der Tiroler Prucker stolz. Seine aktuell rund 1500 Kunden teilen sich in 23 Risikoklassen ein. Man wählt einen maximalen Verlust von drei bis 25 Prozent des Kapitals, der mit 95 Prozent Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird.

Fragt sich freilich: Was passiert mit den fünf Prozent, wenn also im Schnitt alle 20 Jahre ein Crash passiert? Kritiker monieren, dass Anleger dann besonders heftig leiden. Prucker hält aber nichts von Versuchen, das Restrisiko zu prognostizieren. Dazu gäbe es „zu wenige Daten“ aus vergangenen Krisen. Dass sich viele trotzdem auf scheingenaue verfeinerte Modelle verlassen haben, hält er für einen „Mitgrund der Finanzkrise“. Gegen den Crash helfe nur breite Diversifikation – was der Herr über die Roboter nicht anders sieht als persönliche Berater.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2016)

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