Prognose: Wirtschaftswachstum in EU stürzt ab

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Die Wirtschaft in der EU soll heuer nur mehr um 1,5 Prozent wachsen. Aber alle EU-Staaten verzeichnen laut der EU-Winterprognose positive Wachstumszahlen.

Die EU-Winterprognose zeigt eine deutliche Abschwächung des Wirtschaftswachstums für 2019. Hatte die Herbstprognose noch ein Plus von 1,9 Prozent sowohl für die EU als auch für die Eurozone vorausgesagt, werden nun für das laufende Jahr nur noch 1,5 Prozent für die 28 EU-Staaten und 1,3 Prozent für das Währungsgebiet erwartet. Die 1,5 Prozent gelten auch bei einem Austritt der Briten. Österreichs Wachstum wird für das laufende Jahr statt erwarteter 2,0 Prozent in der Herbstprognose nur mehr 1,6 Prozent ausmachen.

Nur drei der 28 EU-Staaten weisen höhere Wachstumsvoraussagen auf als in der Herbstprognose vom November letzten Jahres. Darunter ist auch Großbritannien, für das die EU-Kommission trotz Brexit ihre Prognose für 2019 von 1,2 auf 1,3 Prozent erhöht hat. Zur Lage in Großbritannien merkte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici an, "was soll man dazu sagen. Man weiß einfach nicht, wie es weiter geht und wie die Handelsbeziehungen zur EU weiter gestaltet werden". Er konzedierte, dass für die Briten "das BIP um 1,3 Prozent steigen wird und das ist etwas mehr, als wir im Herbst erwartet haben".

Für 2020 sagt die EU-Winterprognose wiederum einen leichten Aufschwung voraus. Demnach soll die EU ein Wachstum von 1,7 Prozent haben und die Eurozone eines von 1,6 Prozent. Österreich wird für 2020 gleichbleibend mit 1,6 Prozent gegenüber 2019 ausgewiesen. Wiederum haben laut der Wintervorausschau alle EU-Staaten ein Wachstum, wobei der Klassenletzte Italien dann auf 0,8 Prozent steigen soll. Der Abstand zum Klassenbesten Malta mit 4,6 Prozent für 2020 würde sich damit verringern.

Externe Faktoren ausschlaggebend

Der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis erklärte am Donnerstag, obwohl die Voraussage den Abwärtstrend festige, würden doch alle EU-Staaten ein Wachstum aufweisen. Allerdings gebe es externe Faktoren wie die Spannungen im Welthandel und einen Abschwung bei Zukunftsmärkten, vor allem in China. Auch im Bankenbereich könnten angesichts der Schuldentragfähigkeit in einigen Euroländern Probleme wieder aufkommen. Schließlich, so Dombrovskis, sei durch einen ungeordneten Brexit ein zusätzliches Unsicherheitsrisiko gegeben.

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici sagte, nach dem Höhepunkt des Wachstums 2017 habe sich der Abwärtstrend auch 2019 fortgesetzt. Diese Abschwächung sei stärker als noch im Herbst angenommen, vor allem in der Eurozone, was vor allem auf globale Handelsprobleme aber auch hausgemachte Schwierigkeiten in den größten Wirtschaften der Währungsunion bedingt seien. Trotzdem zeigte sich Mosvoci zuversichtlich über die teilweise guten Aussichten im Arbeitsbereich. Das Wachstum sollte sich 2020 wieder erholen.

In der EU-28 wird eine Inflation für 2019 mit und ohne Brexit jeweils von 1,6 Prozent vorausgesagt, für 2020 ein Anstieg auf 1,8 Prozent im Fall der 28 EU-Staaten und von 1,7 Prozent bei einem Austritt der Briten. Die Eurozone kann mit einer Teuerungsrate von 1,4 Prozent für heuer und von 1,5 Prozent 2020 rechnen.

Für EZB überwiegen Risken

Die EZB stellt sich für die nächste Zeit jedenfalls auf eine Wachstumsabkühlung im Euroraum ein. Die jüngsten Daten zur Konjunktur seien wegen nachlassender Nachfrage aus dem Ausland erneut schwächer ausgefallen, erklärte die Europäische Zentralbank in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Wirtschaftsbericht. Zwar werde der Einfluss einiger Faktoren, die dafür verantwortlich seien, nachlassen.

Auf kurze Sicht werde die Wachstumsdynamik im Währungsgebiet aber geringer ausfallen als zuvor angenommen wurde. Die Euro-Wächter hatten auf ihrer Zinssitzung im Jänner ihre bisherige Einschätzung gekippt, dass sich bei den Aussichten für das Wirtschaftswachstum Gefahren und Chancen weitgehend die Waage halten. Nunmehr würden die Risiken überwiegen. Allerdings hält EZB-Chef Mario Draghi eine Rezession für unwahrscheinlich.

Die Euro-Wächter rechnen dem Bericht zufolge zudem mit einem weiteren Rückgang der Inflation in den nächsten Monaten. Im Jänner lag sie bei 1,4 Prozent und damit unter dem Ziel der EZB, die nahe aber unter zwei Prozent als Idealwert für die Wirtschaft anstrebt. In dem Bericht gab es aber nicht nur Molltöne. So erwartet die Notenbank, dass auf mittlere Sicht das Wachstum im Euroraum weiter unter anderem von günstigen Finanzierungsbedingungen, Beschäftigungszuwächsen, Lohnsteigerungen und niedrigen Energiepreisen getragen wird.

(APA/Reuters)

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