Deutschland schrammt an Rezession vorbei

Hauptgrund für das schwache Abschneiden ist die deutsche Autoindustrie
Hauptgrund für das schwache Abschneiden ist die deutsche AutoindustrieGetty Images
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Im Vorjahr gab es einen Rekordüberschuss, aber die schwächelnde Wirtschaft trübt die Aussichten. Langfristig droht ein Budgetloch von 25 Mrd. Euro.

Die deutsche Wirtschaft ist Ende 2018 wegen der schwächelnden Industrie knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte von Oktober bis Dezember auf dem Niveau des Vorquartals, wie das deutsche Statistikamt am Freitag eine frühere Schätzung bestätigte. Im dritten Vierteljahr war Europas größte Volkswirtschaft um 0,2 Prozent und damit erstmals seit dreieinhalb Jahren geschrumpft. Bei zwei negativen Quartalen in Folge wird von Rezession gesprochen.

Hauptgrund für das schwache Abschneiden ist die deutsche Autoindustrie, deren Probleme mit der Umstellung auf den neuen Abgasprüfzyklus einen Zulassungsstau auslösten und zu Produktionsausfällen führten. Niedrigwasser bremste zudem die Schifffahrt auf wichtigen Flüssen wie dem Rhein aus, wodurch etwa Lieferketten der chemischen Industrie unterbrochen wurden. Investitionen - insbesondere in Bauten - und Konsum von Staat wie von Verbrauchern legten dagegen zu und verhinderten eine Rezession.

Im Gesamtjahr 2018 wuchs das Bruttoinlandsprodukt um 1,4 Prozent. Das war deutlich weniger als in den Boomjahren 2016 und 2017 mit einem Plus von jeweils 2,2 Prozent. Die deutsche Regierung rechnet im laufenden Jahr mit einem Wachstum von 1,0 Prozent. Die schwächere Weltkonjunktur, Handelskonflikte und Risiken wie der Brexit belasten.

Redkordüberschuss von 58 Mrd. Euro

Trotz der Konjunkturabkühlung sind die Staatseinnahmen kräftig  auf einen Rekordüberschuss gesteigen. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nahmen 2018 unter dem Strich 58 Mrd. Euro mehr ein als sie ausgaben, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. In einer ersten Schätzung war die Behörde noch von 59,2 Mrd. Euro ausgegangen. Bezogen auf die Wirtschaftsleistung lag das Plus bei 1,7 Prozent.

Der Fiskus profitierte von sprudelnde Steuern und Sozialbeiträgen, auch dank der historisch guten Lage auf dem Arbeitsmarkt. Deutschland erzielte das fünfte Jahr in Folge einen Überschuss und ist damit weit entfernt von der Defizit-Grenze des Maastricht-Vertrages. Darin erlauben sich die Europäer höchstens ein Haushaltsdefizit von drei Prozent der Wirtschaftsleistung. Ein - wenn auch minimales - Minus hatte Deutschland zuletzt 2013 verbucht.

Auch die vor allem in Deutschland umstrittene ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgt für Entlastung. Wegen der niedrigen Zinsen kann sich der Staat günstiger verschulden.

Wegen der abflauenden Konjunktur droht dem Bund allerdings ein 25-Milliarden-Loch im Haushalt bis 2023. Das Finanzministerium rechnet mit rund fünf Milliarden Euro geringeren Steuereinnahmen pro Jahr. Europas größte Volkswirtschaft hat schon im zweiten Halbjahr 2018 deutlich an Tempo verloren.

(dpa)

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