Die Zweifel am griechischem Sparprogramm häufen sich. Die konjunkturellen Aussichten würden zu optimistisch eingeschätzt, warnen Ökonomen. "Griechenland ist nicht mehr zu helfen", sagt ein Experte.
Griechenlands Regierung kann nach Einschätzung führender deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute mit ihrem Sparprogramm das Haushaltsdefizit nicht wie geplant drosseln. "Die im Stabilitätsprogramm und im Konsolidierungsplan der Regierung vorgegebenen Ziele erscheinen trotz der bereits beschlossenen, einschneidenden Maßnahmen nicht erreichbar", schrieben die Forscher in ihrem Frühjahrsgutachten, das am Donnerstag veröffentlicht wurde.
Zu optimistische Einschätzungen
Grund dafür sei, dass die Regierung in Athen die konjunkturellen Aussichten für das hoch verschuldete Land zu optimistisch einschätze. Die Regierung in Athen will das Haushaltsdefizit von fast 13 Prozent 2009 in diesem Jahr um vier Prozentpunkte senken. Dabei geht sie von einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung von 0,3 Prozent aus.
Zuletzt warnte jedoch schon die griechische Notenbank vor einem stärkeren Rückgang um zwei Prozent. Auch die Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass die drastischen Sparmaßnahmen die wirtschaftliche Entwicklung im laufenden Jahr erheblich belasten dürfte.
Auch 2011 keine spürbare Erholung
Im kommenden Jahr sei ebenfalls nicht mit einer spürbaren konjunkturellen Erholung zu rechnen, zumal weitere restriktive Maßnahmen der Finanzpolitik notwendig würden, um die Sparziele zu erreichen. Im Jahresschnitt erwarten die Experten eine Stagnation des griechischen Bruttoinlandsprodukts: "Sollte die griechische Regierung ihren Sparkurs nochmals deutlich verschärfen, wäre wohl eine noch merklich tiefere Rezession die Folge."
Griechenland sei nicht mehr zu helfen, sagt auch der deutsche Vermögensverwalter Bert Flossbach von Flossbach & von Storch dem "Handelsblatt". "Wenn man sich den Refinanzierungsbedarf und die auflaufenden Defizite anschaut, dann kann man ganz einfach ausrechnen, dass Griechenland bis zum Jahr 2012 etwa 120 Milliarden Euro besorgen muss. Aus eigener Kraft kann Griechenland das niemals schaffen", schließt Flossbach.
"Griechen werden an Zinszahlungen ersticken"
Seine Prognose ist düster: "Griechenland dürfte das erste Land sein, das entweder an seinen Zinszahlungen erstickt oder schon vorher mangels Vertrauen kein Geld mehr von Investoren bekommt". Denn die Griechen könnten sich weder über Sparmaßnahmen noch über Steuererhöhungen wirklich aus der Finanznot retten. Auch durch ein höheres Bruttoinlandsprodukt mit gesteigerten Staatseinnahmen ließe sich der Schuldenberg nicht rasch beseitigen.
Indes wird die Kreditaufnahme für Griechenland wieder teurer. Ungeachtet der Zusagen der EU stieg der Zinsunterschied für zehnjährige griechische Staatsanleihen im Vergleich zu den deutschen Anleihen am Donnerstag auf 4,2 Prozent. Am Mittwoch lag er noch bei 3,9 Prozent. Vor einer Woche lag der Zinsunterschied oder Spread aber noch bei 4,8 Prozent, dem höchsten Stand seit der Einführung des Euro in Griechenland.
(Red./Ag.)