Wlan oder 5G? Streit über Funkstandard für autonomes Fahren in Europa

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Symbolbild(c) REUTERS (Fabian Bimmer)
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Das EU-Parlament stellt die Weichen für die künftige Funkanbindung für Autos ohne Fahrer. Die Autobranche ist gespalten.

Autobauer, Mobilfunker und die Europäische Union (EU) ringen um die künftige Funkanbindung für Autos ohne Fahrer. Zur Wahl stehen Weiterentwicklungen des derzeitigen Standards für drahtlose Netzwerke (Wlan) oder die künftige Mobilfunktechnologie 5G. Die Weichen stellt das Europaparlament am heutigen Mittwoch. Der Ausgang der Abstimmung ist völlig offen. Auch die Autobranche ist gespalten.

Hintergrund ist die Frage, wie selbstfahrende Autos sich künftig miteinander "unterhalten" sollen. Der ständige Austausch von Daten ist wichtig, damit etwa der Bordcomputer merkt, dass der Wagen vor ihm bremst. Zusätzlich sollen die Autos mit Funkeinrichtungen am Straßenrand kommunizieren. Ampeln könnten so ein heranrollendes Autos automatisch stoppen.

Doch über die Umsetzung der digitalen Vernetzung ist ein Grabenkampf entbrannt, nicht nur, weil es um Milliardenumsätze geht. Ein einmal gesetzter Standard bestimmt die Entwicklung für Jahrzehnte und kann später kaum noch geändert werden. Beliebtes Beispiel ist der Streit um die beiden Videostandards VHS und Betamax in den 80er-Jahren.

Die EU-Kommission schlug vor einigen Monaten vor, bei autonomen Fahrzeugen in Europa auf den neuen Wlan-Standard ITS-G5 zu setzen. Großer Vorteil sei, dass die Technologie ausgereift und bald verfügbar sei, argumentierte die Brüsseler Behörde. Nur so könnten die Straßen in Europa sicherer werden. Dort kamen 2016 mehr als 25.000 Menschen ums Leben. Von den Autobauern stehen Schwergewichte wie Volkswagen, Toyota oder Renault hinter dem Entwurf.

Passiert der Vorschlag nun das Europaparlament, müssten noch die EU-Länder zustimmen. Die Abgeordneten können aber auch mit einfacher Mehrheit dagegen stimmen. In diesem Fall ginge das Thema zurück an die Kommission.

Brandbrief von BMW und Telekom

In der Tat haben sich namhafte Kritiker formiert: BMW, Daimler, die Deutsche Telekom, Vodafone und andere sehen in dem Kommissionsplan eine technische Sackgasse. Sie machen sich stattdessen für einen EU-Standard auf Basis von 5G stark. BMW-Chef Harald Krüger und sein Telekom- Amtskollege Tim Höttges fordern in einem Reuters vorliegenden Brandbrief an die Bundesregierung ein Veto gegen den EU-Vorschlag. "Dieser ist aus unserer Sicht nur eine Übergangstechnologie", heißt es. Die Einführung der Wlan-Technologie würde den Marktstart von selbstfahrenden Autos in Europa erheblich verzögern. Die beiden Konzernchefs argumentieren, die 5G-basierte Technik (C-V2X) sei bereits in China Standard und werde sich voraussichtlich auch in den USA durchsetzen.

In Deutschland läuft gerade die Versteigerung der Frequenzen für 5G. Die Gebote summieren sich auf mehr als fünf Milliarden Euro, die Auktion läuft noch. Erste 5G-Netze könnten dann ab dem kommenden Jahr in Ballungszentren in Betrieb gehen. Bis zu einer landesweiten Abdeckung dürften aber noch Jahre vergehen. 5G soll Datengeschwindigkeiten ermöglichen, die mindestens 100 Mal schneller sind als die der aktuellen 4G-Netze und für sehr niedrige Reaktionszeiten sorgen. Zudem müssen keine Unterbrechungen während der Übertragung befürchtet werden. Das sind Bedingungen, wie sie für künftige Schlüsseltechnologien nötig sind - neben dem autonomen Fahren zum Beispiel für virtuelle Realität und Industrie 4.0.

(APA/Reuters)

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