Druck auf den Bayer-Chef wächst

Bayer-Chef Werner Baumann blickt einer unangenehmen Hauptversammlung entgegen.
Bayer-Chef Werner Baumann blickt einer unangenehmen Hauptversammlung entgegen.imago / Sepp Spiegl
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Wichtige Aktionäre des Bayer-Konzerns wollen Vorstandsvorsitzenden Baumann und dem Aufsichtsrat bei der Hauptversammlung am Freitag die Entlastung verwehren.

Wien. Am Freitag findet in Bonn die Hauptversammlung des Agrochemiekonzerns Bayer statt. Und spätestens bei dem Tagesordnungspunkt „Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats“ dürfte sie für Bayer-Chef Werner Baumann einigermaßen ungemütlich werden. Aber auch der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Wenning muss sich auf hitzige Stunden gefasst machen.

Zahlreiche Investmentfonds und andere große Aktionäre planen nämlich, sich gegen die Entlastung der Führungsspitze auszusprechen oder sich zumindest bei der Abstimmung zu enthalten. Dazu gehören unter anderem der weltweit größte Vermögensverwalter, Black Rock, und die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Aber auch die beiden Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis wollen einmal mehr beweisen, dass sie ihre Rolle nun auch in Kontinentaleuropa immer aktiver wahrnehmen und an Einfluss gewonnen haben. Zu Erinnerung: ISS und Glass Lewis waren es auch, die 2017 bei der Hauptversammlung der Conwert Immobilien Invest SE gegen die Verwaltungsratskandidaten der Kernaktionäre rebellierten.

Nun meutern sie gegen Baumann und Wenning, indem sie ihren Kunden empfehlen, den beiden bei der Bayer-Hauptversammlung das Misstrauen auszusprechen und gegen ihre Entlastung zu stimmen. Ihr Ratschlag hat Gewicht, im Regelfall halten sich auch viele andere Investoren daran.

66 Milliarden Dollar für ein Desaster

Warum die Stimmung unter den Bayer-Aktionären so aufgeladen ist, liegt auf der Hand: Sie halten die Entscheidung von 2016, den US-Konzern Monsanto für 66 Milliarden Dollar zu kaufen, schlichtweg für eine Katastrophe. Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei dem deutschen Kreditinstitut Deka, nennt den Deal öffentlich „einen Fehltritt und ein Desaster für die Aktionäre“. Die Zahlen geben Speich recht. Seitdem die Monsanto-Übernahme zur Gänze 2018 vollzogen worden ist, hat die Bayer-Aktie 38 Prozent an Wert verloren. Anders gesagt: Der Börsenwert des Konzerns ist um 35 Milliarden gesunken.

Dem Management wird von den Stakeholdern vor allem zum Vorwurf gemacht, vor Abschluss der Übernahme Monsanto nicht ausreichend genau durchleuchtet und die rechtlichen Risken völlig falsch eingeschätzt zu haben. Vor allem die Tausenden Klagen wegen des angeblich krebserregenden, glyphosathältigen Unkrautvernichters Roundup seien unterschätzt worden, sagen die Kritiker.

Glyphosat-Risken wurden geprüft

Das entspreche nicht den Tatsachen, konterte Bayer, als man von den diversen Gegenanträgen bei der kommenden Hauptversammlung erfuhr. Der Vorstand habe vor der Übernahme von Monsanto „auch die Risken geprüft, die mit dem Glyphosatgeschäft“ verbunden seien. Alle Risikobewertungen hätten damals jedoch ergeben, dass die glyphosathältigen Produkte „bei sachgemäßer Anwendung sicher sind“.

Doch diese Stellungnahme eignet sich wohl kaum, die Gemüter zu beruhigen. Denn noch etwas stört die Investoren gewaltig: Ausgerechnet für das Krisenjahr 2018 gewährte der Bayer-Aufsichtsrat Konzernchef Werner Baumann einen höheren Bonus als im Jahr zuvor. Eine Vergütungspolitik, die jedenfalls zu einem noch größeren Vertrauensverlust geführt hat. Mittlerweile habe man grundsätzliche Zweifel daran, ob das Management überhaupt eine für Aktionäre wertschaffende Strategie besitze, heißt es von einem der größten Anteilseigner von Bayer.

Allerdings: Unmittelbare Folgen hätte eine Abstimmungsniederlage für Vorstand und Aufsichtsrat vorerst nicht. Wahrscheinlich ist aber, dass der Kapitalmarkt auf so ein Misstrauensvotum reagiert und der Kurs der Aktie noch weiter fällt. Dann wird der Druck auf Baumann und Wenning noch größer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2019)

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