Ungeachtet der laufenden Verhandlungen haben die USA Strafzölle auf chinesische Waren von 10 auf 25 Prozent erhöht. Der IWF ortet in der Eskalation eine „Bedrohung für die Weltwirtschaft".
Eine neue Eskalationsstufe im Handelsstreit zwischen den USA und China ist erreicht: Kurz nach Mitternacht Ortszeit haben die USA ihre Sonderzölle auf Importe aus China im Wert von 200 Milliarden Dollar von 10 auf 25 Prozent erhöht. Betroffen sind bestimmte chinesische Produkte aus 5700 Kategorien im Volumen von 200 Milliarden Dollar. Damit sind rund die Hälfte aller chinesischen Exporte in die USA betroffen.
China kündigte unmittelbar danach "notwendige Gegenmaßnahmen" an. Einzelheiten nannte das Handelsministerium nicht. Dennoch wollen US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer und US-Finanzminister Steven Mnuchin ihre Verhandlungen mit dem Leiter der chinesischen Delegation, Vizepremierminister Liu He, im Laufe des Tages in Washington fortsetzen.
Chinas Chefunterhändler Liu He kritisierte das US-Vorgehen. In der gegenwärtigen Situation zusätzliche Zölle zu verhängen, sei "keine gute Lösung für das Problem", sagte der Vizepremier in einem Interview des chinesischen Staatsfernsehens CCTV. "Es ist nicht gut für China, nicht gut für die USA und für den Rest der Welt", sagte Liu He in der US-Hauptstadt, bevor die USA die neuen Zölle erließen.
Besonders deutsche Autobauer betroffen
Die Eskalation verunsichert weltweit die Finanzmärkte und wird auch Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft haben. Besonders deutsche Autobauer wie BMW und Daimler, die von ihren Werken in den USA im großen Stil nach China liefern, wären von chinesischen "Gegenzöllen" betroffen. Da die gegenseitigen Sonderabgaben die chinesische Wirtschaft bremsen, wird auch die deutsche Exportindustrie leiden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht in der Verschärfung eine "Bedrohung für die Weltwirtschaft".
Noch bis zum vergangenen Wochenende sprach vieles für eine Einigung in dem Konflikt. Dann gab es aber offenbar einen heftigen Streit über Formulierungen in einem Entwurf für ein Abkommen zwischen beiden Seiten. US-Regierungskreisen zufolge hat China bei nahezu allen Punkten einen Rückzieher gemacht. In einer fast 150-seitigen Vorlage habe China systematisch Passagen gestrichen, die zu Kernforderungen der US-Seite gehörten.
Trump stößt sich am Handelsdefizit
Die US-Regierung wirft China daher vor, in den seit Monaten andauernden Verhandlungen bereits gemachte Zusagen wieder zurücknehmen zu wollen. "Sie haben den Deal neu verhandelt", sagte Trump am Donnerstag. "Das kann man nicht tun." Dabei sei es um "viele, viele Teile" des geplanten Abkommens gegangen. Trump hielt es dennoch für möglich, dass es eine Einigung noch in dieser Woche geben könne. Auch Liu äußerte die Hoffnung auf eine Einigung.
Seit Juli 2018 überziehen sich die beiden größten Wirtschaftsmächte der Welt gegenseitig mit Strafmaßnahmen, was bereits die globale Konjunktur bremst.
Trump stört sich unter anderem am riesigen Defizit seines Landes im Handel mit China. Es sank im März allerdings drastisch um 16,2 Prozent auf 20,7 Milliarden Dollar. So klein war die Lücke seit fünf Jahren nicht mehr. Die Importe aus dem Reich der Mitte verringerten sich um 6,1 Prozent, während die US-Ausfuhren nach China befeuert von einem Exportboom bei Sojabohnen um 23,6 Prozent in die Höhe schnellten.
Zu Trumps Forderungen gehören ferner eine Öffnung des chinesischen Marktes, ein besserer Schutz von geistigem Eigentum und weniger Zwang zu Technologie-Transfers in der Volksrepublik.
(APA/dpa/Reuters)