"Desaster": Deutsche Produktion fällt so stark wie zuletzt 2015

FILE PHOTO: Volkswagen export cars are seen in the port of Emden
FILE PHOTO: Volkswagen export cars are seen in the port of EmdenREUTERS
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Der wirtschaftliche Start ins zweite Quartal war laut Ökonomen ein „Desaster“. Sowohl die Produktion als auch die Exporte gingen zurück. Die Bundesbank senkte am Freitag daher auch ihre Wachstumsprognose für 2019 deutlich.

Der unter Handelskonflikten und schlapper Weltkonjunktur leidenden deutschen Wirtschaft droht im zweiten Quartal ein heftiger Rückschlag: Sowohl die Exporte als auch die Produktion brachen im April so stark ein wie seit August 2015 nicht mehr. Die Ausfuhren fielen um 3,7 Prozent niedriger aus als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang von 0,9 Prozent gerechnet, nachdem es im März noch ein Wachstum von 1,6 Prozent gegeben hatte. Die Importe gingen ebenfalls zurück, und zwar um 1,3 Prozent.

Die Unternehmen drosselten zugleich ihre Produktion: Industrie, Baubranche und Versorger stellten zusammen 1,9 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte. Ökonomen hatten hier nur mit einem Rückgang von 0,4 Prozent gerechnet. „Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe haben sich seit dem Jahreswechsel abgeschwächt und das Geschäftsklima trübte sich weiter ein", erklärte das Ministerium. Daher sei "weiterhin von einer gedämpften Industriekonjunktur in den kommenden Monaten" auszugehen.

Risiko für deutsche Wirtschaft besonders hoch

Ökonomen sehen das noch kritischer. „Die Produktions- und Außenhandelsdaten sind gruselig", sagte DekaBank-Volkswirt Andreas Scheuerle. „Der Start in das zweite Quartal war ein Desaster." Im ersten Jahresviertel war Europas größte Volkswirtschaft noch um 0,4 Prozent gewachsen, nun droht ein Minus. „Eines wird deutlich: In Zeiten von Handelskrieg ist das wirtschaftliche Risiko für die deutsche exportabhängige Wirtschaft besonders hoch", erklärte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.

„Für Entwarnung ist es angesichts der zahlreichen globalen Unwägbarkeiten zu früh", sagte KfW-Experte Klaus Borger. Bundesregierung und EU-Kommission trauen der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr nur ein Wachstum von 0,5 Prozent zu, nach einem Plus von 1,4 Prozent 2018. Und auch die Bundesbank reagierte am Freitag auf die schwächere Entwicklung. Sie senkte ihre Prognose für heuer auf ein BIP-Wachstum von 0,6 Prozent. Vor einem halben Jahr hatten die Volkswirte noch ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent für möglich gehalten.

Industrie leidet unter schwacher Auslandsnachfrage

Nach einer Phase der Hochkonjunktur kühle sich die Wirtschaft in Deutschland gegenwärtig spürbar ab, konstatiert die Bundesbank. Zwar stütze der private Konsum nach wie vor die Konjunktur, die Industrie leide jedoch unter dem schleppenden Export. „Sobald die Auslandsnachfrage in Gang kommt, wird das Wachstum der deutschen Wirtschaft wieder auf einem breiteren Fundament stehen", erklärte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Die Bundesbank geht davon aus, dass die Ausfuhren ab der zweiten Hälfte dieses Jahres nach und nach wieder stärker zulegen werden.

Im Jahr 2020 traut die Bundesbank der deutschen Wirtschaft unter anderem deswegen mit 1,2 Prozent auch wieder spürbar mehr Wachstum zu. Allerdings liegt auch dies unter der noch optimistischeren Dezember-Prognose von 1,6 Prozent. Die Oesterreichische Nationalbank präsentiert ihre aktuelle Wachstumsprognose am Freitag Vormittag.

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