Das Geschäft mit dem Glück

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Kann man Glücklichsein lernen? Ja, sagen Psychologen. App-Programmierer und Unternehmer rund um die Welt springen auf und begeistern Millionen Menschen. Aber wie nachhaltig ist das Glück aus dem Smartphone?

Die Geschichte klingt fast zu trivial, um wahr zu sein. Sie handelt von einem jungen Mann, der früh im Leben alles erreicht hat, was er sich vorgenommen hat. Wirtschaftsstudium, super Job in einem Großunternehmen, Indien-Verantwortlicher für einen österreichischen Industriebetrieb. Mit nur 27 Jahren war Christoph Schnedlitz dort Finanzvorstand. Dann kam die Einsicht: „Die Firma hatte 200 Mitarbeiter und ich war der unglücklichste von allen.“ Später verzog er sich zum Nachdenken in die steirischen Berge, geriet in ein Unwetter, die Todesangst schickte sein Leben an ihm vorbei. Aber nicht die guten Momente. Es waren ungute Gefühle, zu allem, was er verpasst hatte. Und Schnedlitz hängte seinen Job an den Nagel, um sich auf die Suche nach dem Glück zu machen.

Am Ende wurde daraus eine Firma. Seine App „HiMoment“ hat heute 55.000 Nutzer. Das ist, verglichen mit internationalen Konkurrenten, nicht viel – aber die Zahl hat sich binnen weniger Monate verdoppelt. Und 500 zahlen bereits für die Premium-Version. Seinem damaligen Arbeitgeber, dem Pioneers-Festival, sagte er zum Abschied, er wolle die größte Glücksstudie der Welt machen. „Die haben den Kopf geschüttelt. Später haben sie investiert“, erzählt Schnedlitz bei Soja-Cappucino in einem Wiener Lokal.

Das Geschäft mit dem Glück boomt: Rund um den Globus beschäftigen sich App-Programmierer und Wissenschaftler mit der Frage, wie sie die Menschen glücklich machen können – und wie sie sie dazu bringen können, dafür zu bezahlen. Mit geführten Meditationen, Tagebuchschreiben und Fotos von glücklichen Momenten. Mit Dankbarkeits- und Entspannungsübungen. Das Streben nach dem Glück ist zur Milliardenindustrie geworden.

Und es beschäftigt auch die globalen Eliten: Beim Weltwirtschaftsforum Davos, wo sich einmal im Jahr das Who is Who aus Politik und Wirtschaft trifft, ist seit einigen Jahren ein französischer Mönch mit dabei. Matthieu Ricard, der auch Hirnforscher ist, entsagte seiner vielversprechenden Karriere als Wissenschaftler und ging in ein Kloster in Nepal. Jetzt bringt er Achtsamkeits- und Entspannungsübungen unter das erlesene Volk in Davos, hält Vorträge über Glück und gibt gestressten Managern Ratschläge wie jenen, die Geistesruhe keinesfalls der Arbeit zu opfern. Denn was sei der Sinn von allem, wenn man kein Gespür für den Moment hat, den man gerade erlebt?

„McMindfulness“

Die Suche nach dem Glück lässt die Kassen klingeln. Experten schätzen, dass in der Achtsamkeits- und Meditationsindustrie voriges Jahr 1,2 Milliarden Dollar umgesetzt worden sind. Vier von zehn US-Amerikanern meditieren zumindest einmal in der Woche und Flaggschiffe wie Google, Apple und Goldman Sachs bieten Meditationsprogramme für ihre Mitarbeiter an. Glück als Geschäft – nicht als Nebenprodukt eines erfüllten Lebens, sondern als unbedingte Voraussetzung für ein erfolgreiches Leben. In dem jeder alles erreichen kann, wenn er sich nur genug anstrengt (siehe Interview).

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