Deutsche Bank streicht 18.000 Jobs

Deutsche-Bank-Präsident Paul Achleitner (re) and CEO Christian Sewing feilen an einem Sparprogramm
Deutsche-Bank-Präsident Paul Achleitner (re) and CEO Christian Sewing feilen an einem SparprogrammREUTERS
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Deutschlands größtes Geldhaus steht vor einem massiven Personalabbau – auch in den Vorstandsetagen. Vor allem das Investmentbanking ist betroffen. Der Umbau soll bis Ende 2022 voraussichtlich 7,4 Mrd. Euro kosten.

Die Deutsche Bank will in den kommenden drei Jahren rund ein Fünftel ihres Personals streichen. Wie die Bank am Sonntag mitteilte, will sie im Zuge ihres geplanten Umbaus rund 18.000 Stellen abbauen und Mitarbeiterzahl bis Ende 2022 auf 74.000 reduzieren.

Dadurch und durch den Rückzug aus dem weltweiten Aktiengeschäft will die Bank bis 2022 ihre bereinigten Kosten auf 17 Milliarden Euro senken. Aufgrund ihres geplanten Umbaus rechnet die Deutsche Bank mit einem Verlust von 2,8 Milliarden Euro im zweiten Quartal.

Vorstandschef Christian Sewing erklärte, es handle sich um die "umfassendste Transformation der Deutschen Bank seit Jahrzehnten". Dies sei "ein echter Neustart". Die Bank kehre zu ihren Wurzeln zurück und besinne sich voll auf das Kundengeschäft.

Bad Bank und Digitalisierung

Zum Sanierungsplan Sewings, dem der Aufsichtsrat am Sonntag zustimmte, gehört auch die Gründung einer Bad Bank, die schlecht laufende Finanzprodukte abwickeln soll. Diese Positionen umfassen 74 Milliarden Euro an Bilanzrisiken (RWA) - ein Fünftel des Gesamtbestandes.

Außerdem will Sewing bis 2022 rund 13 Milliarden Euro in Digitalisierung investieren. Die Aktionäre sollen dafür heuer und 2020 auf ihre Dividenden verzichten. Die Bank will sich aus dem weltweiten Aktiengeschäft zurückziehen und ihr Handelsgeschäft verkleinern. Bis 2022 soll die Rendite (ROTE) auf acht Prozent zulegen.

Bis Ende 2022 rechnet der Vorstand mit Belastungen von insgesamt 7,4 Milliarden Euro durch den Umbau - diese will die Bank aus eigener Kraft stemmen und ohne erneute Kapitalerhöhung auskommen.

Allerdings will das Geldhaus seine Kapitalpolster abschmelzen - künftig setzt es sich eine harte Kernkapitalquote (CET 1) von mindestens 12,5 Prozent zum Ziel, nachdem bisher mindestens 13 Prozent angestrebt wurden.

Umbau im Vorstand

Grundlegend umgekrempelt wird auch der Vorstand. Gleich drei Vorstände müssen gehen. Als erstes traf es Investmentbankchef und Konzern-Vize Garth Ritchie. Der Brite wird zum 31. Juli als Vorstandsmitglied zurücktreten. Der Abgang Ritchies ist keine Überraschung, schließlich gab es bereits Einschnitte im Investmentbanking. In den vergangenen beiden Quartalen schrieb die Sparte rote Zahlen. Dass Ritchie dennoch der bestbezahlte Vorstand war, sorgte für Kritik.

Gehen müssen auch Privatkundenchef Frank Strauß - trotz Fortschritten bei der Integration der Postbank - und die für Regulierungsthemen zuständige Sylvie Matherat. Die ehemalige Bankenaufseherin galt schon länger als Wackelkandidatin. Denn die Finanzaufsicht Bafin verpasste der Deutschen Bank einen Sonderaufpasser in Sachen Geldwäsche-Prävention. Auch eine Razzia Ende November 2018 wegen des Vorwurfs, Mitarbeiter hätten Kunden bei Geldwäsche geholfen, warf kein gutes Licht auf den von der Französin verantworteten Bereich.

Durch die radikale Schrumpfkur will das Institut Luft für Investitionen in ihren Kernbereichen bekommen. Zu diesen zählt sie das Geschäft mit Unternehmenskunden, das Finanzierungsgeschäft, das Geschäft mit Fremdwährungen, das Beratungs- und Emissionsgeschäft, das Privatkundengeschäft sowie die Vermögensverwaltung mit der Fondstochter DWS.

"Wir müssen noch schneller und radikaler umbauen"

Bereits auf der Hauptversammlung hatte Konzernchef Sewing "harte Einschnitte" angekündigt. Schon damals war klar, dass das seit zwei Quartalen verlustreiche Kapitalmarktgeschäft dabei im Fokus stehen würde. Sewing hatte im Mai gesagt, die Bank werde "konsequent auf die profitablen und wachsenden Bereiche" ausgerichtet, die für die Kunden besonders wichtig seien. "Wir haben immer noch zu hohe Kosten, die wir nicht direkt einer Leistung für unsere Kunden zuordnen können."

Zum Investmentbanking gehört beispielsweise die Beratung von Firmen bei Börsengängen oder Übernahmen sowie der Handel mit Wertpapieren und Devisen. Im sogenannten Transaction Banking, das Zahlungsverkehr, Handelsfinanzierung und Wertpapierdienstleistungen umfasst, zählt die Deutsche Bank zur Weltspitze. Potenzial sieht das Geldhaus auch in der Vermögensverwaltung. Dagegen galt schon länger als ausgemacht, dass das US-Handelsgeschäft mit Anleihen und Aktien gestutzt wird.

Bei der Hauptversammlung hatte auch der Aufsichtsrat klargemacht, dass es nicht weitergehen kann wie bisher - erst recht nicht nach der Absage einer Fusion mit der Commerzbank. "Wir müssen noch schneller und radikaler umbauen", forderte der aus Oberösterreich stammende Aufsichtsratschef Paul Achleitner.

Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Deutsche Bank ihren ersten Jahresgewinn seit 2014. Doch das erste Quartal des laufenden Jahres zeigte, wie angespannt die Lage nach wie vor ist: Die Deutsche Bank verdiente in den drei Monaten gerade einmal 201 Millionen Euro, während die US-Konkurrenz Milliardengewinne einfuhr.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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