Aktienkursverluste drückten die Zahl der Dollarmillionäre weltweit auf 18 Millionen.
Wien. Ende 2018 gab es weniger Millionäre als im Jahr 2017, und sie hatten auch pro Kopf weniger Vermögen. Vor allem den ganz Reichen haben die weltweite Konjunkturabschwächung, der Handelsstreit und die Kursrückgänge an den Börsen zugesetzt.
Zu diesem Schluss kommt eine Erhebung der Beratungsfirma Capgemini („World Wealth Report 2019“). Es handelt sich um eine von zahlreichen Statistiken, die alle ein wenig anders berechnet werden, ein Schluss lässt sich aber aus fast allen ableiten: Aktienkursverluste gehen auch an den Wohlhabendsten nicht spurlos vorüber. Und der globale Aktienindex MSCI World hat im Vorjahr um mehr als zehn Prozent nachgegeben.
Österreich: 145.000 Millionäre
Dem Capgemini-Report zufolge sank die Zahl der Millionäre weltweit um 0,3 Prozent auf 18 Millionen. (In Österreich ging sie gar um drei Prozent auf 145.000 zurück). Die verbliebenen Millionäre sind zudem ärmer geworden. Ihr Vermögen schrumpfte von 70,2 Billionen auf 68,1 Billionen Dollar. In den Jahren davor waren sowohl die Zahl als auch das Vermögen der Millionäre stetig gewachsen.
Als Millionär („High Net Worth Individual“) wurde in dieser Studie gezählt, wer über ein anlagefähiges Vermögen von über einer Million Dollar verfügt – ausgenommen Erstwohnsitz und Gebrauchsgüter. Wertsteigerungen bei selbst genutzten Wohnungen oder Villen sind daher in der Studie nicht berücksichtigt; sie könnten durchaus dazu beigetragen haben, die Vermögensverluste der Reichen erträglicher zu machen.
Die meisten Millionäre (6,1 Millionen) leben im asiatisch-pazifischen Raum, hier gab es aber im Vorjahr auch den stärksten Rückgang (1,7 Prozent). Die Hälfte des weltweiten Vermögensverlustes von zwei Billionen Dollar entfällt auf die bisherige Wachstumsregion, die Hälfte davon wiederum auf China. Grund ist vor allem der Handelskonflikt zwischen China und den USA. Chinesische Aktien sind im Vorjahr um 20 Prozent gefallen und damit doppelt so stark wie der Durchschnitt. Doch auch in Europa war die Zahl der Millionäre rückläufig. In Nordamerika legte sie leicht, im Nahen Osten stärker zu.
Millionär ist allerdings nicht gleich Millionär. Die Spanne reicht vom „Millionaire Next Door“ mit einem Vermögen unter fünf Millionen Dollar bis zu den von den Privatbanken und Luxusgüteranbietern umschwärmten „Ultra High Net Worth Individuals“ mit einem Vermögen von 30 Millionen Dollar aufwärts.
Sie wurden durch die Börsenflaute besonders schwer getroffen. Ihr Klub ist um 3,9 Prozent auf 168.000 Personen geschrumpft. Sie machen nicht einmal ein Prozent aller Millionäre aus, halten aber ein Drittel des gesamten Millionärsvermögens. Die Wahrscheinlichkeit, einem dieser Superreichen zu begegnen, ist in Lateinamerika relativ hoch: Dort leben 28 Prozent von ihnen, obwohl es dort insgesamt gar nicht so viele Reiche gibt (acht Prozent aller Millionäre). Weitere 1,6 Millionen Personen weltweit haben ein Vermögen zwischen fünf und 30 Millionen Dollar.
„Arme Reiche“ gibt es viele
Relativ häufig begegnet man einem „Millionaire Next Door“: Mehr als 16 Millionen gibt es auf der ganzen Welt, und ihre Zahl ist im Vorjahr nur leicht gesunken. Sechs von zehn Millionären leben übrigens in nur vier Ländern – in den USA, Japan, Deutschland und China, Tendenz steigend.
Sorgen um die Reichen dieser Welt braucht man sich kaum zu machen. Der Weltaktienindex hat heuer wieder um 16 Prozent zugelegt und stand zuletzt höher als zu Beginn des Vorjahres. Durchaus möglich, dass aus dem nächstjährigen Bericht hervorgeht, dass die Millionäre wieder zahlreicher und wohlhabender geworden sind.
Das legen auch Bloomberg-Daten nahe: Belief sich das durchschnittliche Vermögen der hundert Reichsten der Welt Ende des Vorjahres auf 24,3 Mrd. Dollar, waren es zuletzt schon wieder 28,8 Milliarden. Am vermögendsten ist Amazon-Gründer Jeff Bezos mit 122 Mrd. Dollar, gefolgt von Microsoft-Gründer Bill Gates (107 Mrd. Dollar) und LVMH-Eigner Bernard Arnault (104 Mrd. Dollar). Reichste Frau ist L'Oréal-Erbin Françoise Bettencourt-Meyers (57 Mrd. Dollar). Sie ist seit Jahresbeginn um elf Mrd. Dollar reicher geworden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2019)