Freihandelspakt mit Schweiz: USA würde mehr profitieren

Ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Schweizwürde beiden einen erheblichen Wohlstandszuwachs bringen, sagt eine Studie der liberalen Avenir Suisse.

Ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Schweiz wäre laut Avenir Suisse eine Win-Win-Situation für beide. Was US-Präsident Donald Trump freuen dürfte: Laut Berechnungen der liberalen Denkfabrik könnten die USA ihre Exporte in die Schweiz stärker steigern als umgekehrt.

Inmitten des Handelskriegs zwischen den USA und China bietet sich der Schweiz die Möglichkeit, mit den USA ein Freihandelsabkommen zu verhandeln. Derzeit laufen Gespräche zwischen den beiden Ländern, um mögliche Verhandlungen auszuloten. Avenir Suisse spricht von einem "derzeit offenen Window of opportunity", das es zu nutzen gelte.

Verdoppelung der US-Ausfuhren

Ein Freihandelsabkommen würde beiden Ländern erheblichen Wohlstandszuwachs bringen, schreibt die liberale Denkfabrik in einer am Freitag publizierten Studie. So würden sich die zusätzlichen Schweizer Exporte in die USA - bereits heute das zweitgrößte Abnehmerland - über fünf Jahre auf knapp 14 Milliarden Franken (knapp 13 Mrd. Euro) summieren, rechnen die Studienautoren basierend auf Daten bisher abgeschlossener Freihandelsabkommen der Schweiz und der USA vor.

Mit knapp 27 Milliarden Franken käme die US-Exportindustrie auf fast doppelt so viele zusätzliche Ausfuhren im gleichen Zeitraum. Denn in der Regel stiegen bei Abschluss eines Freihandelspakts durch die USA die Warenexporte der US-Wirtschaft stärker an als die -importe. Das entspricht der Zielsetzung von Trump: Er will das Warenhandelsdefizit der USA mit anderen Ländern verkleinern. Im Falle eines Freihandelsabkommens mit der Schweiz könnte er sogar erreichen, dass bis im Jahr 2031 das heutige Defizit in einen Überschuss für die USA drehen würde, wie Avenir Suisse berechnet. In den letzten Jahren hatte die Schweiz ihren Überschuss stetig ausgebaut; 2018 hatte sie rund 20 Milliarden Franken mehr in die USA exportiert als importiert.

Anders sieht es heute bereits bei den Dienstleistungen aus: Die Schweizer Importe von Dienstleistungen sind in den letzten Jahren deutlich schneller gewachsen als die Exporte nach Amerika. Seit 2017 bezieht die Schweiz mehr Dienstleistungen aus den USA, als sie umgekehrt anbietet. Die Auswirkungen eines Freihandelsabkommens auf die Dienstleistungen lassen sich laut Avenir Suisse allerdings nicht so einfach beziffern, stehen doch dazu sehr viel weniger Daten zur Verfügung als beim Warenhandel. Es könne aber erwartet werden, dass es zu einer signifikanten Belebung des Dienstleistungsverkehrs kommen würde.

Eines ist für Avenir Suisse hingegen klar: Ein Freihandelsabkommen mit den USA würde zahlreiche neue Arbeitsplätze in beiden Ländern schaffen. Schon heute profitiere die Schweiz von den bilateralen Handelsbeziehungen bei Waren, Dienstleistungen und Direktinvestitionen von rund 260.000 Arbeitsplätzen, die USA von rund 450.000 Stellen.

40.000 neue Jobs

Mit dem Freihandelsabkommen dürften alleine durch den angekurbelten Warenhandel innerhalb von fünf Jahren 13.500 zusätzliche Jobs in der Schweiz und 27.500 in den USA dazu kommen.

Zudem betont Avenir Suisse die Vorteile, die sich für Schweizer Investoren in den USA ergeben würden. Ihnen würde über ein Freihandelsabkommen mehr Schutz vor handelspolitischer Willkür und mehr Rechtssicherheit winken. Die Schweiz ist bereits heute der siebentgrößte Investor in den USA. Auch hier würden die USA daher profitieren.

Kein Wunder also, dass sich Washington durchaus interessiert an einem Freihandelspakt mit der Schweiz zeigt. Heuer kam es bereits zu mehreren Treffen, bei denen die involvierten Schweizer Bundesräte von positiven Signalen berichteten - so etwa Bundespräsident Ueli Maurer nach seinem Besuch bei Trump im Weißen Haus.

Zeit drängt

Doch Avenir Suisse warnt: Viel Zeit hat die Schweiz nicht. Durch die anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA werde sich das Zeitfenster für die Aufnahme formeller Verhandlungen bald wieder schließen. Schon einmal standen die beiden Länder im Jahr 2006 kurz vor der Eröffnung offizieller Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen. Wegen der Landwirtschaft hat die Schweiz damals die Verhandlungen aber abgebrochen.

Die Landwirtschaft sollte diesmal frühzeitig einbezogen werden - ohne Zugeständnisse der Schweiz im Agrarbereich werde ein Abkommen nicht zustande kommen, prophezeit die Denkfabrik. Sie plädiert für ein gestaffeltes Vorgehen und lenkt den Blick auf die Nachfrage-Seite. Gäbe es billige Fleischwaren aus den USA, sei damit nicht zwingend eine sinkende Nachfrage nach Schweizer Fleisch verbunden - gerade beim Fleisch gäben viele Konsumenten der inländischen Ware den Vorzug. Avenir Suisse empfiehlt, bei Agrargütern auf lückenlose und klare Deklarationen zu setzen, und sie verweist auf Innovationen im Käsemarkt nach dessen Öffnung gegenüber der EU.

Ebenso empfehlen die Studienautoren Kontingente für den Austausch von Arbeitskräften. Angesichts der Kritik der USA an die Adresse der Schweiz wegen Online-Piraterie raten sie, die wirtschaftlichen Folgen der Piraterie zu beziffern. Es sei fraglich, ob in Zeiten der Streamingdienste mit Flat Rate der illegale Download noch dieselbe Bedeutung habe wie vor einigen Jahren.

(APA/awp/sda)

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