Ölpreis mit größtem Kurssprung seit Golfkrieg 1991

Archivbild: Eine Ölpumpe bei der Grenze zwischen Kuwait und Saudiarabien
Archivbild: Eine Ölpumpe bei der Grenze zwischen Kuwait und Saudiarabien(c) Getty Images (Joe Raedle)
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US-Präsident Trump hat die Öl-Freigabe aus US-Reserven genehmigt, nachdem der Preis zwischenzeitlich um 20 Prozent gestiegen war.  Die heimische Ölaktien profitierten vom Preisanstieg.

Nach dem Drohnenangriff auf die größte Erdölraffinerie in Saudiarabien am Wochenende sind die Ölpreise am Montag stark gestiegen. In den ersten Handelsminuten stiegen die Rohölpreise zunächst stark um bis zu 20 Prozent. Die Ölsorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich zeitweise um knapp 20 Prozent auf 71,95 Dollar je Barrel (159 Liter). Das ist der größte Kurssprung seit dem Golfkrieg von 1991.

Am Vormittag lag der Brent-Ölpreis über acht Prozent im Plus, ein Barrel kostete 65,13 Dollar. Der US-Ölpreis stieg um 7,6 Prozent. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 5,29 Dollar auf 60,14 Dollar. In der Spitze hatten die Rohölpreise ein Viermonatshoch erreicht. Am Markt war die Rede von erhöhten Risikoaufschlägen. Dass der höhere Ölpreis auf die Treibstoffpreise durchschlagen werden, gilt so gut wie sicher.

Globaler Ölmarkt verliert fünf Prozent

US-Präsident Donald Trump hat die Freigabe von Öl aus den US-Reserven genehmigt. "Aufgrund des Angriffs auf Saudiarabien, der sich möglicherweise auf die Ölpreise auswirkt", habe er die Freigabe bei Bedarf aus der strategischen Reserve genehmigt, schrieb Trump am Sonntag im Onlinedienst Twitter. In welchem Umfang dies geschehen soll, müsse noch festgelegt werden.

Der Schaden in den Ölanlagen führe dazu, dass Saudiarabien seine Ölproduktion um 5,7 Millionen Barrel täglich herunterfahren müsse, erklärte der Energieminister Saudiarabiens. Das ist die Hälfte der saudischen Ölproduktion. Aufgrund der Tatsache, dass Saudiarabien zehn Prozent des weltweit vermarkteten Öls produziert, bedeutet das, dass der globale Ölmarkt mit diesem Angriff fünf Prozent der Versorgung verliert.

Die Reparatur der beschädigten Ölanlagen kann sich Insidern zufolge hinziehen. Bis zur vollständigen Normalisierung der Ölproduktion "kann es Monate dauern", sagten zwei Personen aus dem Umfeld des staatlichen Ölkonzerns Aramco am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. "Es ist immer noch schlimm", sagte einer der beiden.

Bloomberg

Russland sieht keinen Engpass

Russland hingegen befürchtet derzeit keine Versorgungsengpässe. Es gebe weltweit genug Öl in Lagerbeständen, um Lieferausfälle aus Saudi-Arabien auszugleichen, sagte der russische Energieminister Alexander Novak am Montag. Auch sehe er keine unmittelbare Notwendigkeit, ein außerplanmäßiges Treffen von Ölförderländern innerhalb und außerhalb der OPEC einzuberufen.

Russland sei aber wegen der jüngsten Entwicklung in Kontakt mit Saudarabien, und Novak selbst plane ein Telefongespräch mit seinem dortigen Amtskollegen. Die Angriffe auf zwei Raffinerien in Saudi Arabien vom Samstag haben zu einem rasanten Anstieg der Ölpreise geführt, weil am Markt Lieferausfälle befürchtet wurden. Die USA machen den Iran für die Angriffe verantwortlich. Der Iran weist die Vorwürfe zurück.

Heimische Ölaktien deutlich im Plus

An der Wiener Börse haben am Montag die Ölaktien den Leitindex ATX gestützt. Nachdem er zunächst im Minus eröffnet hatte, drehte der Leitindex aber gestützt von den Ölaktien Schoeller-Bleckmann (plus 4,85 Prozent) und OMV (plus 3,57 Prozent) innerhalb der ersten Handelsminuten klar in die Gewinnzone. Der Brent-Ölpreis lag nach Angriffen auf Ölanlagen am Vormittag über acht Prozent im Plus. Gleichzeitig verloren die Aktienindizes Dax und EuroStoxx50 jeweils ein halbes Prozent auf 12.405 und 3.530 Punkte. "Höhere Ölpreise belasten zwar auch direkt die Wirtschaft", sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Die Angst, dass sich die geopolitischen Spannungen nun weiter verschärfen, wiegt aber schwerer."

Für die deutsche Wirtschaft könnte der Ölpreisanstieg teuer werden. "Der Drohnenangriff hat den Rohölpreis um sieben Dollar (6,31 Euro) ansteigen lassen", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. "Das erhöht die deutsche Ölrechnung um schätzungsweise fünf Milliarden Euro.“ Das entspreche allerdings nicht einmal 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Ein Anstieg der Ölpreise um zehn Euro pro Barrel würde die deutsche Wirtschaft vermutlich endgültig aus der Stagnation in eine milde Rezession abrutschen lassen", sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding.

„Könnte Deutschland Milliarden kosten"

Wenn es sich lediglich um einen kurzfristigen Effekt von einigen Tagen handle, werde dies keine spürbaren Auswirkungen auf die Konjunktur haben, sagte der Deutschland-Chefvolkswirt von UniCredit, Andreas Rees. Andere Öl produzierende Länder könnten ihre Produktion erhöhen und den Ölmarkt stabilisieren. "Allerdings könnten die geopolitischen Unsicherheiten die Stimmung der Unternehmen und Konsumenten belasten, in Deutschland und weltweit", warnte Rees. "Neben dem Handelskonflikt und dem Brexit ist ein weiterer Unsicherheitsfaktor dazu gekommen." Auch Schmieding sieht gute Chancen dafür, dass sich der Ölmarkt wieder beruhigt. "Allein am Öl wird es wohl nicht liegen, ob es zur Rezession kommt", sagte er deshalb.

Am frühen Samstagmorgen hatten mehrere Explosionen Anlagen des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco erschüttert. Experten sehen in der Drohnenattacke einen Angriff auf das Zentrum der saudischen Ölindustrie. Nach Angaben von Saudi Aramco ist der Komplex die größte Raffinerie des Landes und die größte Rohölstabilisierungsanlage der Welt. Betroffen von dem Anschlag ist eine Tagesproduktion von etwa 5,7 Millionen Barrel. Das entspricht rund fünf Prozent des weltweiten Angebots an Erdöl. Der Wegfall gilt als einer der größten abrupten Ausfälle aller Zeiten.

(APA/Reuters)

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